„Wenn noch nicht mal Kirche die drängendsten Probleme der Zeit ansprechen darf – wer soll es denn sonst tun?“

Es gehört zum Markenkern der christlichen Kirchen, sich für notleidende Menschen einzusetzen, gegen Rassismus das Wort zu erheben und für die Bewahrung der Schöpfung einzutreten. Die Organisatoren des 37. Evangelischen Kirchentags in Dortmund haben diesen Auftrag sehr ernst genommen – nicht leise und zurückhaltend, sondern laut, offensiv, mit Herz und mit Vertrauen. Wer der evangelischen Kirche nun vorhält, sich zu sehr in gesellschaftspolitische Belange einmischen zu wollen, gar dem linksgrünen Zeitgeist hinterherzulaufen, der hat die Veranstaltung nicht verstanden: Der Kirchentag wird von Laien vorbereitet; die Basis hat Themen gesetzt, die den Menschen am Herzen liegen. Haltung zeigen, darum geht es. Wenn noch nicht mal Kirche die drängendsten Probleme der Zeit ansprechen darf – wer soll es denn sonst tun?

Richtig ist, dass der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und Kirchentagspräsident Hans Leyendecker mit zu Recht pointierten Aussagen gegen Rechtsextremismus Schlaglichter in der öffentlichen Wahrnehmung gesetzt haben. Gleiches gilt für den schon vor langer Zeit beschlossenen Ausschluss offizieller AfD-Vertreter. Die individuelle Wahrnehmung der Teilnehmer ist jedoch auch eine andere: Sie haben beim Kirchentag in der Gemeinschaft ihren Glauben in Gott gestärkt. „Was für ein Vertrauen“ war der Leitspruch von Dortmund. Eine Welt, die zunehmend von Untergangsszenarien, Spaltung und Egoismus geprägt wird, sollte froh sein über so viel Vertrauen.