„Statt auf Pharmafirmen zu schimpfen, muss dafür gesorgt werden, dass Antibiotikaentwicklung sich rentiert.“

Während die Weltgesundheitsorganisation apokalyptisch vor einem „postantibiotischen Zeitalter warnt“ und Wissenschaftler das Horrorszenario von weltweit zehn Millionen Toten durch antibiotikaresistente Bakterien im Jahr 2050 an die Wand malen, verabschiedet sich die Pharmaindustrie aus dem Kampf gegen die gefährlichen Keime. 2018 zogen sich Sanofi und Novartis aus der ungeliebten Antibiotika-Entwicklung zurück. Bleiben nur noch Merck, Roche, GKS und Pfizer.

Nun wäre es einfach, moralisch empört auf die vermeintlich Schuldigen zu zeigen: die geldgierigen Pharmariesen, die sich nur um Rendite scheren. Zu einfach und heuchlerisch zudem. Die erste Verantwortung eines Unternehmens ist es, Geld zu verdienen. Das unterscheidet den Pharmakonzern nicht vom Handwerker um die Ecke. Ohne Einnahmen lässt sich kein Lohn zahlen und keine Entwicklung neuer Produkte finanzieren. Und mit Antibiotika-Entwicklung wird kein Geld verdient, sondern verloren. Der Leiter des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung (HIPS) formuliert es treffend: „Solange Rentenfonds in Pharmafirmen investieren, kann man denen nicht vorwerfen, Geld verdienen zu wollen.“

Statt auf die Pharmaindustrie zu schimpfen, muss dafür gesorgt werden, dass Antibiotika-Entwicklung sich rentiert. Dafür muss der streng regulierte Markt für Innovationen geöffnet werden – auch für wirtschaftliche. Bei einem Produkt wie Reserve-Antibiotika, die möglichst wenig eingesetzt werden sollten, funktioniert die Finanzierung über die Verkaufsmenge nicht.

Denkbar wäre ein Lizenzmodell wie bei Software: Der Kunde, etwa ein Krankenhaus, zahlt eine Nutzungslizenz für den Zugang zu einem Mittel. So erhält das Unternehmen sein Geld unabhängig von der verkauften Menge. Und das Antibiotikum kann in der Schublade bleiben, bis es wirklich gebraucht wird.