„Dass ein Teil der Straf-Zahlung nicht VW trifft, sondern die Allgemeinheit – wer will das dem Bürger erklären?“

Eine Milliarde Euro Bußgeld für VW wegen des Abgas-Betrugs – über diese Schlagzeile werden sich einige gefreut haben. Endlich mal Konsequenzen! Der Haken daran: Weil der weitaus größte Teil der Gesamtsumme formell keine Strafe, sondern eine sogenannte Gewinnabschöpfung ist, kann Volkswagen die Summe offenbar steuerlich geltend machen. Das Finanzministerium schätzt, dass Volkswagen etwa 300 Millionen Euro bei der Steuer sparen könnte – wegen einer Zahlung, die durch Fehlverhalten des Konzerns selbst überhaupt erst fällig wurde.

Das wird nicht nur das Gerechtigkeitsempfinden derjenigen irritieren, die ein Fahrzeug des Konzerns gekauft hatten und später feststellen mussten, dass der Motor längst nicht so sauber war wie behauptet. Dass Gewinne abgeschöpft, Verluste aber auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, ist keine neue Kritik an unserem Rechts- und Wirtschaftssystem. Sie ist auch in diesem Fall berechtigt. Dass ein großer Teil der als Strafe gedachten Zahlung gar nicht den VW-Konzern trifft, sondern die Allgemeinheit – wer will das dem Bürger erklären, der seine Strafzettel gefälligst auch selbst zu zahlen hat?

Fairerweise muss gesagt werden: Der Konzern hat noch nicht erklärt, dass er die Summe steuerlich geltend machen will. Alles andere dürfte aber wiederum den Aktionären nicht zu vermitteln sein.

Kritik an dem ganzen Vorgang muss sich also weniger an VW richten, sondern an den Staat, dessen Regeln die Strafe teilweise ad absurdum führen. Der Fehler liegt im System. Und Niedersachsens Landesregierung hat zwar gerne darüber gesprochen, was mit der VW-Milliarde finanziert werden kann. Dass es am Ende gar keine Milliarde ist, hat niemand in der nötigen Deutlichkeit gesagt.

Hinzu kommt, dass den Städten in unserer Region nun durch die Steuerentlastung Millionen bei den Gewerbesteuereinnahmen fehlen könnten. Sie fehlen für Investitionen vor Ort, die direkt den Bürgern zugute kommen. Wenn die frustriert sind, weil sie unter den Fehlern eines Konzerns leiden, bei dem der Gewinn weiter sprudelt – wer kann es ihnen verübeln?