„Mit Kirchturmdenken kommt unsere Region nicht aus der Misere heraus.“

Der Traum vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung – für viele Menschen in Braunschweig oder Wolfsburg wird er ein Traum bleiben. Denn welche junge Familie kann 340 000 Euro dafür ausgeben? Von den steigenden Immobilienpreisen profitieren die Gemeinden in den Speckgürteln der Großstädte. Der vor wenigen Jahren totgesagte Kreis Helmstedt freut sich über Neubürger, in der Kreisstadt und in Königslutter werden lange leerstehende Fachwerkhäuser restauriert.

Doch die Bevölkerung im Umland von Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter wächst nur dort, wo die Verkehrsanbindungen gut sind, wo man mit Bus, Bahn und vor allem mit dem Auto schnell seinen Arbeitsplatz in der Großstadt erreicht. Abseits der Bundesstraßen sterben die Dörfer. Beierstedt zum Beispiel im Südkreis Helmstedt, an der Grenze zu Sachsen-Anhalt, ist so eine abgehängte Gemeinde: Dort fährt der Bus einmal stündlich Richtung Schöningen, eine Zugverbindung gibt es gar nicht mehr.

Die Pendlerströme sind eine wachsende Belastung für unsere drei Wirtschaftszentren. Die Großstädte müssen die Straßen unterhalten, die von Menschen befahren werden, die ihre Steuern in den Umlandgemeinden bezahlen. Eine gerechte Lastenverteilung ist das nicht. Moment mal, werden jetzt die Gemeinden sagen, die drei Großen kassieren dafür erheblich mehr Gewerbesteuer. Doch mit Kirchturmdenken kommt unsere Region nicht aus der Misere heraus.

Braunschweig und Salzgitter machen gerade vor, dass es auch anders geht: Sie planen ein gemeinsames Gewerbegebiet. Vielleicht wären auch grenzübergreifende Wohngebiete sinnvoll – Nachbarkommunen teilen sich die Kosten für Erschließung und Infrastruktur, und später teilen sie sich die Steuereinnahmen. Das könnte auch die zunehmende Zersiedlung der Landschaft bremsen.

Immer wichtiger wird es außerdem für Städte und Gemeinden, neue Wohnformen zu fördern. Zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser, in denen alleinstehende Ältere mit jungen Familien zusammenwohnen. Bezahlbar.