Menschenverachtend, sittenwidrig, unwürdig - das Urteil über die Post ist schnell gefällt. Die Politiker, die den Umgang des Konzerns mit seinem Personal kommentieren, verteilen sofort die maximal schlechtesten Noten. Ein Unternehmen, das befristet angestellte Mitarbeiter nur dann unbefristet einstellt, wenn sie gesund sind, kann einfach kein guter Arbeitgeber sein. Aber ist es wirklich so einfach?

Im Bundestagswahlkampf hatten Gewerkschaften und SPD gefordert, befristete Jobs möglichst zu verbieten. Arbeitnehmer sollten nicht ständig in Unsicherheit über ihre Zukunft arbeiten müssen, lautete das Argument. Da muss man ein Unternehmen, das relativ viele solcher Verträge in unbefristete Stellen umwandelt, doch eigentlich loben.

Sicher: Besser wäre es immer, erst gar keine Angestellten befristet zu beschäftigen. Aber das, was die Post da macht, ist so schlecht nicht. Dass sie gleichzeitig nicht sagen will, wie viele ihrer Mitarbeiter befristet arbeiten, macht freilich misstrauisch. Welchen hohen Anteil befristeter Jobs will der Konzern verbergen?

Paketboten müssen Gesundheitstest absolvieren

Auch der Vorwurf, wonach der Postkonzern nur gesunde Mitarbeiter übernehmen will, ist im Kern vollkommen nachvollziehbar: Paketfahrer - und nur um die geht es in diesem Fall - müssen körperlich hart arbeiten können. Die Kunden wollen pünktlich ihre Päckchen bekommen. Gern wollen sie das Paket mit Weinflaschen auch in den vierten Stock getragen bekommen. Ihr Arbeitgeber muss sich deshalb auf seine Fahrer verlassen können.

Er hat kein Interesse daran, ständig neue Aushilfen einarbeiten zu müssen. Es ist also keineswegs menschenverachtend, dass auch die Post sich anschaut, wie fit ihre Mitarbeiter sind. Den verpflichtenden Gesundheitstest, den es für die Paketfahrer vor der Unterschrift unter dem ersten Vertrag gibt, hat bisher übrigens noch niemand kritisiert.

Auch die Bedingung der Post, dass nur die Fahrer unbefristet eingestellt werden, die weniger als zwei Autounfälle selbst verschuldet haben, ist nachvollziehbar. Und dass ein Paketdienst lieber die Fahrer übernimmt, die ihre Touren pünktlich zu Ende bringen und mindestens einmal die stressige Weihnachtszeit mitgemacht haben, ist so verwunderlich nicht.

Zwei Grippewellen und der Job ist gefährdet

Dass der Fall trotzdem irritiert, liegt an den Vorgaben, den die Post ihren Personalverantwortlichen in den Niederlassungen bei der Gesundheit der Fahrer macht: Maximal 20 Krankheitstage in zwei Jahren - das ist schon hart. Es muss nur zwei Grippewellen geben, und diese Zahl ist schnell erreicht. Dahinter steht offenbar ein sehr mechanischer Umgang mit Angestellten. Aber Mitarbeiter sind keine Maschinen, die nur wenige Male ausfallen dürfen. Gesundheit ist eine zutiefst individuelle Sache.

Wie gesund Angestellte sind, hängt vor allem von den Arbeitsbedingungen ab. Eine Übernahme in unbefristete Beschäftigung von vergleichsweise scharfen Bedingungen abhängig zu machen, schadet der Post letztendlich selbst. Auch sie kann kein Interesse daran haben, kranke und unzufriedene Mitarbeiter zu beschäftigen. Hinzu kommt: Schon der befristete Job allein und die Sorge um eine ausbleibende Verlängerung sorgen dafür, dass die Paketfahrer sich über die Maßen anstrengen werden. Warum also noch zusätzlichen Druck aufbauen durch strenge gesundheitliche Vorgaben?

Ob solche Vorgaben wirklich zulässig sind, müssen Gerichte klären. Gute Werbung für einen Arbeitgeber sind sie jedenfalls nicht. Zum Glück aber ist nicht nur jedes Unternehmen frei in der Entscheidung, wen es einstellt. Auch Arbeitnehmer können sich ihre Firma aussuchen: Niemand ist gezwungen, bei der Post zu arbeiten.