„Wenn künftig bis zu 1000 Menschen jeden Monat ins Land geholt werden, ist es für Familien erst mal ein Fortschritt.“

Zum Innenministerium kam Horst Seehofer wie die Jungfrau zum Kind. Er hatte auf ein anderes Ressort geschielt. Aber eines muss man dem CSU-Chef lassen: Er nimmt sein Amt an und keine Schonfrist in Anspruch. Wie aus der Pistole geschossen kommen Vorschläge, Eckpunktepapiere, Pläne. Anstöße geben, ruhig anstößig werden – das ist für Seehofer kein Widerspruch. Der jüngste Gesetzentwurf für den Familiennachzug von Flüchtlingen ist nur ein Beispiel.

CSU-Politiker haben drei Prioritäten: Bayern, Bayern, Bayern. Im Freistaat wird im Herbst gewählt. Darauf trimmt die CSU in Bayern wie in Berlin ihr ganzes Handeln. Vieles, was Seehofer
in diesen Tagen sagt oder tut, wirkt tricky und wird in der Folge abgelehnt, oft reflexhaft. Die
Kritiker machen es sich zu einfach.

Über das negative Echo zum Familiennachzug kann man sich nur wundern. Bisher ist er für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ausgesetzt. Wenn künftig bis zu 1000 Menschen jeden Monat ins Land geholt werden, ist es für Familien erst mal ein Fortschritt. 1000 ist besser als null. Der Familiennachzug galt schon vor der Aussetzung für Ehepartner, minderjährige ledige Kinder und für Eltern von den Minderjährigen, die in Deutschland leben. Seehofer verschärft also nicht die Rechtslage, sondern nur seine Rhetorik.

Dass ein Innenminister das Schleusen von Minderjährigen strenger bestrafen will, ist selbstverständlich und rollengerecht. Gegen die Schleuser-Kriminalität kann man nicht hart genug vorgehen. Dass Bezieher von Hartz IV beim Familiennachzug das Nachsehen haben werden, ist nachvollziehbar – der Staat darf nicht falsche Anreize setzen. Umgekehrt wird eher ein Schuh daraus: Flüchtlinge, die sich integriert, eine Arbeit gefunden haben und ihren Lebensunterhalt bestreiten, sollten beim Familiennachzug Vorteile haben.