„Alterstests für alle Flüchtlinge? Das wäre übertrieben. Bei Zweifeln aber ist übertriebene Rücksicht fehl am Platz.“

Immer wieder stellt sich in Fällen krimineller Flüchtlinge heraus, dass die Beschuldigten bei der Einreise ihr Alter falsch angegeben haben. Sie gaben sich als Minderjährige aus, dabei waren sie älter. Die aktuell gravierendsten Fälle: In Freiburg soll ein Flüchtling eine Studentin vergewaltigt und ermordet haben. In Kandel soll ein Flüchtling eine 15-Jährige erstochen haben. In beiden Fällen gibt es den Verdacht, dass die Verdächtigen älter sind als angegeben.

Die Frage nach dem Alter hat schwerwiegende Konsequenzen: Nach Jugendstrafrecht fielen die Urteile wesentlich milder aus, als wenn die Beschuldigten zum Tatzeitpunkt schon 18 oder gar 21 waren. Und selbst bei Flüchtlingen, die keine Straftaten begehen, ist die Frage nach dem Alter bedeutsam: Wer minderjährig ist, wird zum Beispiel nicht in Sammelunterkünfte gebracht und erhält mehr Betreuung. Es geht dabei nicht zuletzt auch um Geld.

Also Alterstests für alle Flüchtlinge, wie es zum Beispiel der Landkreistag fordert? Das wäre übertrieben, denn auch dabei geht es um Geld. Der DNA-Test, den der Landkreis Hildesheim nun hat durchführen lassen, kostete stolze 3000 Euro. Die Kombination konventionellerer Untersuchungen wie Röntgen- und Zahnuntersuchungen durch Ärzte ist vielleicht etwas billiger, aber der Unterschied dürfte so groß nicht sein, wenn man die Personalkosten mit einrechnet.

Der richtige Weg dürfte wie so oft in der Mitte liegen: Wenn Zweifel am angegebenen Alter eines Flüchtlings bestehen, muss das geprüft werden. Übertriebene Rücksicht ist dabei fehl am Platz: Röntgen-, Zahn- oder DNA-Untersuchungen sind keine so gravierenden Eingriffe in die Rechte des Einzelnen, dass sie nicht vertretbar wären.

Auf welche Methode nun gesetzt werden sollte, muss allerdings noch geklärt werden. Denn selbst die Ergebnisse des recht neuen DNA-Tests können wissenschaftlichen Publikationen zufolge bis zu drei Jahre vom tatsächlichen Alter einer Person abweichen – Jahre, die einen Jugendlichen zu einem Erwachsenen machen oder umgekehrt. Klarheit muss her, denn die Testergebnisse müssen dann schon stimmen. Auch deshalb kommen Reihentests für alle im Moment keinesfalls in Frage.