Bundestagsabgeordnete besuchen deutsche Soldaten im Auslandseinsatz. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee.

Doch solange der Stützpunkt in der Türkei liegt und die deutsch-türkischen Beziehungen schockgefrostet sind, ist nichts selbstverständlich. In Konya sind zwischen 20 und 30 Bundeswehrsoldaten stationiert, die sich am Einsatz von Awacs-Flugzeugen der Nato im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ beteiligen. Der Bundestag muss Ende 2017 entscheiden, ob ihr Einsatz dort fortgesetzt werden kann und soll. Besuche vor Ort sind auch deshalb wichtig.

Den Besuch in Konya hat die Nato organisiert, ein mächtiger Partner, der seine Macht nicht wirklich nutzt. Zwar ist die Türkei unter Präsident Erdogan zu einem extrem schwierigen Mitglied geworden. Aber weder die Nato noch die Türkei wollen am Status quo rütteln. Beide Seiten profitieren voneinander – und das muss man nutzen. Die Nato kann mehr als Schutzmacht spielen für einen Truppenbesuch. Ihr könnte eine ganz ungewohnte Rolle zuwachsen: das Militärbündnis als Vermittler zwischen Erdogans Türkei und Europa. Als Brücke.

Es wäre falsch, alle Verbindungen und Verhandlungen mit der Türkei abzubrechen, wie es SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im TV-Duell mit Angela Merkel gefordert hat. Es ist emotional, es ist populär, aber es ist kurzsichtig. Denn was kommt dann? Erdogan ist nicht die Türkei. Der Präsident ist zwar mächtiger als je zuvor, aber er ist auch unter seinen Landsleuten nicht unumstritten. Die Abstimmung über die neue Verfassung im April, die dem Präsidenten noch mehr Macht geben sollte, hat zwar eine knappe Mehrheit gefunden, aber in einigen Städten wurde sie abgelehnt. Immer mehr Türken spüren, dass die Politik ihres Präsidenten sie wirtschaftlich und intellektuell in die Isolation führt. Wer jetzt die Verbindung kappt, spielt Erdogan in die Hände.