Braunschweig. „Klimaterroristen“ lautet das Unwort des Jahres. Der Braunschweiger Aktivist Edmund Schultz hatte den Vorschlag bei der Jury eingereicht.

Der Braunschweiger Klimaaktivist Edmund Schultz ist einer von 32 Absendern, der Begriff „Klimaterroristen“ zum Unwort des Jahres vorgeschlagen hat. Am Dienstag zeichnete die sprachkritische Aktion in Marburg das Wort offiziell um Unwort des Jahres 2022 aus.

„Der Begriff ärgert mich, weil er etwas ins Gegenteil verkehrt. Wir werden als Kriminelle dargestellt, obwohl es unsere Regierung ist, die als kriminell bezeichnet werden muss, weil sie den Schutz der Bevölkerung vor der Klimakatastrophe grob vernachlässigt“, sagt der 59-jährige Schultz am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (EPD). Dabei nähmen Organisationen wie die „Letzte Generation“, „Extinction Rebellion“ oder „Ende Gelände“ die Regierung in die Pflicht und sorgten dafür, dass diese „auf den Boden des Gesetzes“ zurückkehren.

Braunschweiger: Klimaschützer werden wie Gesetzesbrecher behandelt

Schultz hat für sein Engagement seinen Arbeitsplatz gekündigt und ist seit ein paar Jahren hauptberuflich Klimaaktivist. Er habe viele Situationen erlebt, in denen er als Klimaschützer wie ein Gesetzesbrecher behandelt worden sei, sagt er. Im vergangenen Jahr sei im Rahmen bundesweiter Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern der „Letzten Generation“ auch seine Wohnung in Braunschweig während seiner Abwesenheit durchsucht worden. „Ich habe meine Nachbarin gebeten, ein Tuch über das polizeiliche Siegel zu hängen, damit die anderen Hausbewohner keine falschen Schlüsse daraus ziehen.“

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Schultz beteiligt sich regelmäßig an den Aktionen der „Letzten Generation“, klebt sich auf Straßen fest oder dreht Pipelines ab. Mehr als 40 Strafverfahren laufen alleine gegen ihn. Bei jeder Aktion würden die Teilnehmer wie Verbrecher behandelt, müssten stundenlang, oft von einer Überzahl an Polizisten eingekesselt, ausharren. Anschließend würden sie in eine Sammelstelle gebracht, wo sie fotografiert, die Daten aufgenommen und sie mitunter auch in Gewahrsam genommen werden. „Man muss sich immer wieder vergegenwärtigen, dass man auf der richtigen Seite ist.“

Schlüsselbein bei Aktion durch Polizeibeamte gebrochen

Auch Polizeigewalt hat Schultz nach eigenen Aussagen erfahren: Im Sommer wurde dem Aktivisten bei einer Aktion durch Polizeibeamte das Schlüsselbein gebrochen. Nach Angaben des Aktivisten zählt die „Letzte Generation“, die zuletzt mit ihren Lebensmittel-Würfen auf Kunstwerke in Museen Aufsehen erregte, fast 1.000 Mitglieder. Die Gruppe nutzt zivilen Ungehorsam, um die Regierung dazu zu drängen, mehr gegen den Klimawandel zu tun und sich an Vereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen zu halten. Dabei beruft sich die „Letzte Generation“ unter anderem auf das Grundgesetz, in dem der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen verankert ist.

Die Sprecherin der sprachkritischen Aktion, Constanze Spieß, sagte am Dienstag, mit dem Ausdruck würden Klimaaktivistinnen und -aktivisten mit Terroristen gleichgesetzt. Das kriminalisiere und diffamiere sie, kritisierte die Professorin an der Marburger Philipps-Universität. Insgesamt waren 1.476 Einsendungen mit 497 verschiedenen Vorschlägen eingegangen. 55 von ihnen entsprachen den Angaben zufolge den Unwort-Kriterien. Die Aktion „Unwort des Jahres“ rügt Wörter und Formulierungen, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, gesellschaftliche Gruppen diskriminieren, stigmatisieren und diffamieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind.

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