Braunschweig. Der Kongress der europäischen Bioressourcen-Sammlungen in Braunschweig widmete sich unter anderem der Klimaanpassung auf dem Acker.

Braunschweig war diese Woche so etwas wie das Mekka der Züchter und Lieferanten von Bakterien, Pilzen, Viren, Zellkulturen und Algen. Von Mittwoch bis Freitag treffen sich hier rund 120 Vertreterinnen und Vertreter von Bioressourcen-Sammlungen aus ganz Europa sowie aus den Gastländern Brasilien und Philippinen zur 40. Tagung der Organisation Europäischer Kulturen-Sammlungen. Auf Einladung des Braunschweiger Leibniz-Instituts DSMZ, der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen, tauschten die Teilnehmer sich im Steigenberger Hotel am Bürgerpark darüber aus, was sie zur Bewältigung globaler Mega-Herausforderungen beitragen können.

Prof. Jörg Overmann, Direktor der DSMZ, verwies im Gespräch mit unserer Zeitung beispielhaft auf die wichtige Rolle von Mikroorganismen in den Böden für den Ausstoß von Klimagasen (etwa in trockengelegten Mooren), bei der Bewältigung der Antibiotika-Krise oder für die Verbesserung der Ernährungssicherheit. Bioressourcen-Sammlungen wie die DSMZ forschen selbst zu diesen Themen, vor allem aber beliefern sie andere Wissenschaftler mit Bakterienkulturen.

Verschwindend geringer Anteil bekannt und erforscht

Professor Jörg Overmann, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ in Braunschweig.
Professor Jörg Overmann, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ in Braunschweig. © Michael Hübner / DSMZ

Bisher, so Overmann, sind rund 18.000 verschiedene Bakterienarten bekannt, die meisten davon in der DSMZ vorrätig. „Das sind aber schätzungsweise nur 0,001 Prozent aller auf der Erde vorkommenden Arten“, erklärte er. „Es ist also nur ein verschwindend geringer Prozentsatz, den wir kennen und von dem wir wissen, wie man die Arten nutzen kann.“

Geringere Nitratbelastung dank Bakterienmischung?

Anhand zweier Beispiele aus der Landwirtschaft deutete Overmann an, welche Möglichkeiten in einem besseren Verständnis der Mikroorganismen im Boden schlummern: Eine Hoffnung sei etwa, die Nitratbelastung des Grundwassers durch Gülledüngung zu vermindern und gleichzeitig die Stickstoffversorgung der Kulturpflanzen zu verbessern. „Alles, was den Nährstoffkreislauf im Boden treibt, geschieht durch dort lebende Bakterien.“ Durch eine Veränderung des Boden-Mikrobioms könne man entsprechend Einfluss nehmen und etwa dafür sorgen, dass die Umsetzung zu Nitrat und dessen Auswaschen ins Grundwasser vermindert werde.

Schutz vor Austrocknung durch Mikrobiom

Ein gezielter Einsatz des richtigen Bakterien-Cocktails könnte auch dazu beitragen, dass Pflanzen auf dem Acker besser mit Dürre zurechtkommen. Versuche haben Overmann zufolge gezeigt, dass Maispflanzen mittels einer Behandlung der Wurzel mit Bakterienkulturen unter Trockenheit besser wachsen und vor Austrocknung geschützt sind. „Ich sehe hier ein großes Potenzial, den Pflanzenwuchs unter Klimawandelbedingungen positiv zu beeinflussen.“

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