Wolfsburg. Mögliche Impfreaktionen treiben viele Menschen um. Doch das Paul-Ehrlich-Institut hält den Vergleich mit anderen Impfkampagnen für unseriös.

Ich möchte niemanden davon abbringen, sich gegen Corona impfen zu lassen. Aber ich wehre mich gegen die Impfpflicht. Ein Argument für mich sind mögliche Impfkomplikationen. Diese gibt es bei Corona wesentlich häufiger als bei allen anderen Impfungen der letzten 20 Jahre…

Dieser Einwand kommt von Jens Knipphals aus Wolfsburg.

Zum Thema recherchierte
Harald Likus.

Er schreibt es ja selbst. Und betont das auch am Telefon: Die Vorstellung einer allgemeinen Impfpflicht ist für ihn empörend. „Das ist etwas ganz anderes als ein Tempolimit auf der Autobahn. Mit meinem Verständnis von der Freiheit des einzelnen und übrigens auch von Demokratie hat das nichts zu tun“, sagt Jens Knipphals. Der 63-Jährige war Top-Leichtathlet und Zahnarzt, er ist bekannt in Wolfsburg und darüber hinaus. Aber Knipphals beschränkt sich nicht auf die sozusagen staatsbürgerliche Impfdiskussion. Sondern er hat auch Bedenken bezüglich möglicher Impfreaktionen bzw. -schäden – die nämlich bei Corona-Schutzimpfungen weit über allen Erfahrungswerten liegen würden.

Wie kann man diesen Punkt erhellen? Am besten über eine Anfrage bei dem für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Institut. Dies ist ein Bundesinstitut „im Geschäftsbereich“ des Gesundheitsministeriums, was man mit Rücksicht auf die Skeptiker der Corona-Informationspolitik unbedingt erwähnen sollte. In diesem Institut werden in „Sicherheitsberichten“ die Meldungen über Impf-Nebenwirkungen der Corona-Impfungen zusammengefasst. Wie bereits berichtet, läuft das (mit Daten bis zum 30. November) in Kurzform auf den folgenden Satz hinaus: „Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,6 Meldungen pro 1.000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1.000 Impfdosen.“

Diese Zahl seriös mit den Folgen anderer Impfkampagnen zu vergleichen, ist aus Sicht des Instituts unmöglich. Das liegt laut der Antwort auf die Anfrage unserer Zeitung zunächst einmal daran, dass es kein ansatzweise vergleichbares Monitoring für andere Impfkampagnen gibt. Und weiter heißt es, „dass der einfache Vergleich der Anzahl der Verdachtsfallmeldungen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit den Covid-19-Impfstoffprodukten auf der einen Seite mit der Anzahl der Verdachtsfallmeldungen über alle Impfstoffe in den vergangenen Jahrzehnten auf der anderen Seite nicht zielführend ist. Dieses Vorgehen entspricht – bildlich gesprochen – einem Versuch, in dem Äpfel mit Birnen verglichen werden.“ Die Begründung: In einigen Monaten habe es so viele Impfungen gegeben wie gegen andere Krankheiten über Jahre hinweg. „Je mehr Impfungen pro Zeiteinheit verabreicht werden, um so mehr Verdachtsfallmeldungen jeder Art müssen statistisch erwartet werden.“

Viele Reaktionen auf diese Impfstoffe

Davon abgesehen seien die Corona-Impfstoffe „bekanntermaßen sehr reaktogen“, die Folge seien viel mehr kurz nach der Impfung vorübergehend auftretende Reaktionen als etwa bei saisonalen Grippeimpfstoffen. Zuletzt führten die allgemeine Aufmerksamkeit und die behördliche Bitte, Verdachtsfälle zu melden, zu einer besonders hohen Zahl von Meldungen.

Und noch etwas ist aus Sicht der Instituts-Experten beim Blick auf die Zahlen zu beachten: „Nicht jede Reaktion, die nach einer Impfung auftritt und als Verdacht einer Nebenwirkung oder Impfkomplikation gemeldet wird, ist gleichbedeutend mit von dem jeweiligen Impfstoff verursachten körperlichen Beschwerden.“ Oft seien Krankheiten oder körperliches Unwohlsein und sogar Todesfälle ganz unabhängig von der Impfung vorgefallen. Trotzdem seien die Meldungen der Impfreaktionen grundsätzlich gut und wichtig, meint man im Paul-Ehrlich-Institut. Denn so wisse man über die „äußerst seltenen schwerwiegenden Nebenwirkungen“ gut Bescheid, zum Beispiel über einige Thrombose-Fälle insbesondere bei Menschen unter 50 Jahren (nach Vektorimpfstoffen) sowie (nach m-RNA-Impfstoffen) die Myokarditis/Perikarditis-Fälle (Herzmuskelentzündung/ Herzbeutelentzündung) vorwiegend bei Männern unter 30 Jahren.