Braunschweig. Auszubildende der Braunschweiger Zeitung erklären, warum sie sich im Journalismus schulen – und wohin die Zunft in Zukunft steuert.

Der Beruf von Journalistinnen und Journalisten ist vielseitiger geworden. Es geht nicht mehr nur ums Schreiben, sondern auch um Fotografieren, das Produzieren von Videos und Influencing auf lokaler Ebene. Mit diesen neuen Aufgaben kommen auch neue Herausforderungen auf uns zu. Oftmals lernen wir nebenbei, was gut funktioniert und was nicht.

Deshalb lassen wir uns bei der Braunschweiger Zeitung ausbilden

Auf dieser Seite haben einige Volontärinnen und Volontäre unserer Zeitung zusammengefasst, was der Beruf für sie ausmacht und was sie daran heutzutage noch motiviert. Ob es die Vielfältigkeit des Berufes ist, das Interesse an lokalen Nachrichten oder die verschiedenen Formen, in denen Inhalte präsentiert werden.

Denn eins ist klar: Journalismus befindet sich im Wandel. Mehr denn je beanspruchen die verschiedensten Medien das Zeitbudget von Nutzerinnen und Nutzern – und Zeitungen nehmen davon immer weniger Raum ein.

Wie der Verband privater Medien in einer Zusammenstellung verschiedener Studien im Jahr 2020 festgestellt hat, finden Zeitungen gerade einmal 22 Minuten Platz am Tag. Tageszeitungen sind schon lange nicht mehr die einzige Nachrichtenquelle für die meisten Menschen.

Braunschweiger Zeitung heißt nicht gleich Zeitung – sondern auch soziale Medien

So stellte eine Studie im Auftrag des ARD schon 2016 fest, dass sich soziale Netzwerke mehr und mehr als Nachrichtenquelle etablieren – damals noch eher als Ergänzung zu den klassischen Medien. Die Studie greift einige Vorteile der sozialen Netzwerke auf, wie die schnelle Verbreitung von Nachrichten und die niedrige Nutzungsschwelle.

Im Jahr 2020 ging aus dem „Reuters Institute Digital News Report“ hervor, dass 30 Prozent der befragten 18- bis 24- Jährigen die sozialen Netzwerke als wichtigste Quelle nutzen würden. Neun Prozent würden die sozialen Medien ausschließlich als Quelle für Nachrichten nutzen. Für die deutsche Teilstudie verantwortlich ist das Leibniz-Institut für Medienforschung/Hans-Bredow-Institut. Medienforscher Sascha Hölig appellierte im Rahmen der Studie: „Journalismus sollte sich auf seinen Kern besinnen und nicht der Logik von sozialen Medien mit Dramatisierung folgen, sonst lernen Jüngere nicht den Unterschied zu gutem Journalismus.“

Auf dieser Seite lesen Sie, was uns Volontärinnen und Volontäre antreibt, den Beruf der Journalistin oder des Journalisten zu ergreifen.

Marvin Weber: Ich kann den Beruf nie ablegen

Marvin Weber.
Marvin Weber. © Tanja Reeve | Tanja Reeve

Der Journalistenberuf ist stressig und gleichzeitig sehr privilegiert. Einerseits kann ich ihn fast nie ablegen. Ob es um Mails von wichtigen Personen oder den Bericht zum Autounfall nach Feierabend geht – irgendwie bin ich immer im Einsatz. Andererseits kann ich mir meine Arbeit fast komplett selbst gestalten. Ich setze meine Schwerpunkte und suche mir Geschichten aus der Region und Geschichten, die unsere Leser interessieren. Das finde ich unglaublich spannend. Vor allem, wenn man auch mal außerhalb seiner Interessen recherchiert und dabei immer neue Menschen kennenlernt. Nichts fasziniert mich so sehr, wie jemanden kennenzulernen, der für etwas mir Unbekanntes brennt und mich in diese Welt einlädt. Danach positives Feedback zu bekommen oder ein Dankeschön ist für mich das Größte – und dabei sind es nur so kleine Gesten. Das Lächeln eines Protagonisten, das erleichterte Gesicht von jemandem, der sein Problem dort schildern kann, wo ihm zugehört wird. Das macht den Job für mich aus. So versöhnlich bin ich natürlich nicht bei allen Themen. Wenn es darum geht, Biss und klare Kante zu zeigen, ist passende Kommunikation aber umso wichtiger. Denn auch Streiten macht Spaß und fixt an, wenn beide Seiten mit logischen Argumenten arbeiten.

Frank Spyra: Journalismus ist alles, außer langweilig

Frank Spyra.
Frank Spyra. © regios24 | Darius Simka

Einen vielseitigeren Beruf als den Journalismus gibt es nicht. Denn kein Mensch ist der Mittelpunkt der Welt, aber jeder Einzelne ist der Mittelpunkt der eigenen Welt. Mit jedem Menschen, mit dem wir Journalistinnen und Journalisten sprechen, tut sich eine Welt vor uns auf. Individuelle Standpunkte, Interessen, Wahrnehmungen. Wir sprechen mit den Menschen, ordnen Themen ein, wägen ab. In nachrichtlichen Stücken stellen wir dar, in Kommentaren bewerten wir. Wir schreiben, führen Interviews, drehen Videos. Wir sind, gerade im Lokalen, immer auf Achse – morgens den Kinderstar interviewen, nachmittags zur Einweihung der neuen Sozialstation, abends in den Ortsrat. Ihnen wurden zum vierten Mal die Reifen zerstochen? Ich frage mal bei den Nachbarn, ob die etwas gesehen haben. Wir sondieren das Internet, die sozialen Medien. Der Ortsbürgermeister bölkt auf Twitter gegen Diversitätsansprüche der Medien, bedient sich dabei selbst rassistischer Klischees? Wir haken nach. „Normal“ gibt es nicht und Journalisten bekommen das jeden Tag mit. Wir sprechen mit den Menschen und erfahren von den Aufbrüchen, den Dramen, den Geschichten. Wir müssen schnell sein und wir müssen gründlich sein. Denn am Ende ist es mein Name, der über dem Artikel steht.

Katja Beyrodt: Von der Ballerina zur Journalistin

Katja Beyrodt.
Katja Beyrodt. © regios24 | Darius Simka/regios24

In der Grundschule wusste ich: Ballerina möchte ich doch nicht mehr werden. Wenn ich groß bin, will ich Moderatorin sein. So eine wie Bettina Tietjen. Die Frau, die damals schon (und heute noch!) mit spannenden Menschen auf dem roten Sofa geschnackt hat. Meinen neuen Berufswunsch habe ich dann auch in alle Freundschaftsbücher eingetragen – und nicht wirklich daran geglaubt, dass ich Dorfkind mal zum Fernsehen, Radio oder zur Zeitung kommen könnte. Aber mit einer unverschämten Portion Glück hat mich mein Weg genau hier her geführt. In der Ausbildung als Medienkauffrau musste ich noch vor der Kamera stehen (nicht ganz so mein Fall, wenn ich ehrlich bin), im Studium habe ich Filme selbst gedreht und nach dem Studieren habe ich mich beim Lokalradio hinters Mikro geklemmt. Das Einzige, was ich noch nicht richtig gelernt habe, ist vernünftig zu schreiben. Und deshalb bin ich hier. Das Schöne an der Medienwelt ist nämlich, dass man sich nicht mehr zwischen TV, Radio, Zeitung oder Online-Journalismus entscheiden muss. Heute sind Zeitungen nicht mehr Verlagshäuser, sondern Medienunternehmen. Und so lange ich über, von und für Menschen berichten kann – ganz egal über welches Medium – bin ich happy. Und sehr froh, nicht Ballerina geworden zu sein.

Joschka Büchs: Journalismus kontra soziale Medien

Joschka Büchs.
Joschka Büchs. © regios24 | Darius Simka

Es gibt in meiner Generation den Trend, keine Zeitung mehr zu lesen. „Digital Natives“, jene die mit Computer und Handy aufgewachsen sind, konsumieren Nachrichten oft nur über Instagram und andere soziale Medien in kleinen Häppchen. Ich kenne keinen in meinem Alter, der oder die noch eine Zeitung abonniert hat. Selbst Online-Ausgaben lesen nur eine Handvoll. Instagram-Influencer, die in irgendeiner Form politische Beiträge posten, verfolgen hingegen die meisten. Ein Problem: Es gibt bei Influencern keine Trennung zwischen Werbung und Berichterstattung, – wie bei einer Zeitung. Die Influencerin Diana zur Löwen zum Beispiel informiert an einem Tag über die Bildungspolitik der Parteien, drei Tage später macht sie Werbung für eine große Bank. Sie hat eine Million Follower. Ich finde das problematisch. Da ist mir eine Redaktion, in der ausgebildete Redakteurinnen und Redakteure Themen objektiv aufbereiten und sich an einen Pressekodex halten müssen, lieber. Deswegen lese ich selbst gerne Zeitung und noch lieber schreibe ich ausgewogene Berichte. Zumal das Witzige ist: Influencer recherchieren selten selbst, sondern suchen sich ihre Infos aus Zeitungsartikeln, die sie bei Google finden. Da sage ich nur: Gern geschehen.

David Krebs: Mit Podcasts durch den Tag

Mit neuen technischen Möglichkeiten verändern sich unsere Gewohnheiten. Als Journalisten und Journalistinnen müssen wir das ohne zu zögern erkennen – und handeln. Podcasts sind dafür das beste Beispiel:

David Krebs.
David Krebs. © David Krebs

Mein Wecker klingelt – und das nicht zum ersten Mal. Widerwillig steige ich aus dem Bett und mache mich auf ins Badezimmer. Verschwommen schaue ich in den Spiegel und spritze mir Wasser ins Gesicht. Noch bevor ich in die Dusche steige, stelle ich mir schon einen Morgen-News-Podcasts an. Auf dem Weg zur Arbeit geht es dann direkt weiter. Beim Warten vor der Ampel beschallt mich die Einschätzung zum neuesten TV-Triell, wenig später geht es um den aktuellen GDL-Streik und im Aufzug hoch ins Büro höre ich Schreckensnachrichten aus Afghanistan. Am Abend dann entspannen bei einer neuen Folge „Tatort Niedersachsen“.

Podcasts gibt es zuhauf. Von jedem Anbieter zu jedem Thema. Podcasts sind ein hervorragendes Beispiel für eine neue Art des Journalismus. Brandaktuell, aber flexibel. Einen Podcast kann ich hören, wie es mir passt. Ich kann ihn nicht verpassen und muss ihn nicht an einem Stück hören, wie das beim Radio der Fall ist. Auch ich möchte Podcasts produzieren und als Journalist neue Wege gehen.

Maximilian Wiescher: Das einzig Beständige ist die Veränderung

Maximilian Wiescher.
Maximilian Wiescher. © Tanja Reeve

Die Sendung mit der Maus zeigte 2002, wie eine Zeitung erstellt wird: Herkunft der Nachrichten, Aufgaben der Redakteure, Schreiben, Seitenlayout, Druck und Versand. Das Besondere: Diese Sachgeschichte verglich die damalige Zeitungsproduktion mit der Zeitungsproduktion 30 Jahre zuvor – ohne Computer, stattdessen mit Fernschreibern, Schreibmaschinen, Setzmaschinen und Blei-Druckplatten. Wenn ich mir diesen Film heute ansehe, denke ich: Es ist an der Zeit für einen neuen Film über dieses Thema, denn der Beruf hat sich seit 2002 weiterhin stark verändert. Das Hauptprodukt ist nicht Print , stattdessen wollen tausende Kunden über Computer und Smartphones permanent live über das Geschehen vor ihrer Haustür und in der Welt informiert sein. Der Lübecker Autor Max Buddenbohm schrieb auf Twitter, dass es auch schön war, als man morgens eine gedruckte Zusammenfassung der Nachrichten vom Vortag bekam und es die nächsten aktuellen Nachrichten erst um 20 Uhr gab. Die Welt lebt eben immer schneller. Genau das macht den Journalismus reizvoll: Zum einen ist man immer am Puls der Zeit, was Hektik, aber auch Spannung und Faszination bedeutet. Zum anderen gibt es auch immer wieder zeitlose Themen, die nicht dem Zeitdruck des Alltags unterliegen und die man gründlich bearbeiten kann.

75 Jahre Braunschweiger Zeitung

Dieser Text ist Teil unseres großem Themenschwerpunktes zum 75-Jährigen Bestehen der Braunschweiger Zeitung.

Alle Texte zu unserem Schwerpunkt finden Sie unter https://www.braunschweiger-zeitung.de/75jahre/