Braunschweig. Niedersachsens Landvolk-Präsident kritisiert dagegen: Die Einigung der Koalition im Bund widerspricht dem Kompromiss „Niedersächsischer Weg“.

Der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen begrüßt die jüngsten Beschlüsse des Bundeskabinetts zum Insektenschutzgesetz und zur Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung. Die schwarz-rote Koalition hatte sich in der vergangenen Woche auf mehr Schutz von artenreichem Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegeln und Trockenmauern geeinigt. Zudem soll der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln in bestimmten Schutzgebieten eingeschränkt werden. Das Gesetz muss in den nächsten Schritten noch den Bundestag und den Bundesrat passieren.

Der Nabu lobt an der Groko-Einigung, dass das Insektenschutzgesetz in mehreren Punkten über die in Niedersachsen getroffenen Vereinbarungen hinausgeht. „Das gilt etwa beim Schutz von Gewässerrandstreifen und bei den Regeln zur Lichtverschmutzung“, schreibt Nabu-Sprecher Philip Foth auf Anfrage unserer Zeitung. Im Kampf gegen die Lichtverschmutzung sieht der Gesetzentwurf vor, in Naturschutzgebieten und Nationalparks die Neuerrichtung bestimmter Beleuchtungen grundsätzlich zu verbieten.

Nabu: Wir stehen zum Niedersächsischen Weg

Gleichzeitig betont der Nabu, fest zum sogenannten Niedersächsischen Weg zu stehen. In dieser Vereinbarung hat sich das Land Ende Mai 2020 mit Vertretern der Landwirtschaft und Umweltverbänden erstmals auf gemeinsame Ziele und ein breites Paket von Maßnahmen zur Verbesserung des Natur-, Arten- und Gewässerschutzes verständigt. Unter anderem soll auf den niedersächsischen Agrarflächen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich reduziert werden.

Der Niedersächsische Weg gilt als wichtiger Baustein eines neuen Gesellschaftsvertrags, der sowohl den gesellschaftlichen Erwartungen in puncto Umweltschutz als auch den Interessen der Landwirtschaft Rechnung trägt. Die Landesregierung finanziert das Vorhaben 2021 mit 120 Millionen Euro.

Landvolk-Präsident Hennies enttäuscht

Bereits letzte Woche hatte sich der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Holger Hennies, enttäuscht über die vom Bundeskabinett verabschiedete Einigung geäußert. „Das geht in die vollkommen falsche Richtung und entspricht nicht den Zusagen, die uns Landwirten im Vorfeld gemacht worden sind“, kritisierte er in einem Statement, das das Landvolk unmittelbar nach dem Beschluss auf seiner Webseite verbreitete. Er erwarte, dass das Paket im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens in Bundesrat und Bundestag noch einmal aufgeschnürt werde. „Ansonsten ist der Niedersächsische Weg gescheitert“, so Hennies.

Kritik der niedersächsischen Minister Lies und Otte-Kinast

Landvolk-Präsident Hennies hält die von der Bundesregierung vorgesehenen Regeln zum Insektenschutz für unvereinbar mit den Verabredungen im Niedersächsischen Weg. Er befürchte, dass die Auflagen die wirtschaftliche Existenz der Bauern bedrohe, „da die höheren Anforderungen wegen der Marktmacht des Einzelhandels nicht durch Anheben der Preise bei den landwirtschaftlichen Erzeugern ankommen würden“.

Im Gegensatz zu Hennies begrüßten Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies und Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, dass die Beschlüsse des Bundeskabinetts den Niedersächsischen Weg berücksichtigten: „Unsere stets sachliche, aber hartnäckige Haltung gegenüber dem Bund hat sich gelohnt“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Unzufrieden zeigten sich beide allerdings mit den Regeln zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die Verordnung sei „so noch nicht akzeptabel“, weil sie nicht sicherstelle, dass die Landwirtschaft für ihre Naturschutzleistung tatsächlich bezahlt werde.

Nabu zeigt Verständnis für Forderung der Landwirte

Für die Forderungen der Landwirte nach einem finanziellen Ausgleich zeigt auch der Nabu Verständnis. „Wir haben aber kein Verständnis, wenn von politischer Seite – von der Landwirtschaftsministerin und vom Umweltminister – hier in Niedersachsen das Thema so hart angegangen wird“, erklärt Nabu-Sprecher Philip Foth. Er bewerte es als Erfolg, dass es „überhaupt eine Initiative zu einem Insektenschutzgesetz“ auf Bundesebene gebe.