Braunschweig. Im BZV Medienhaus klagen Leser über unzureichende Mittel der Justiz bei der Ahndung von Beleidigungen und Drohungen im Internet.
Das Berliner Urteil zu Renate Künast, das wüste Beschimpfungen und Beleidigungen der Politikerin in Sozialen Netzwerken als „hinnehmbar“ sanktionierte , beschäftigte auch die Zuhörer beim Leserforum unserer Zeitung. Bernd Schroers etwa sagte: „Mich empört, dass das Künast-Urteil nicht im Schnellverfahren sofort wieder kassiert wurde.“
Ihm antwortete Katrin Ballnus. Vernünftige Urteile und rechtsstaatliche Verfahren brauchten ihre Zeit, erklärte die Leitende Oberstaatsanwältin. „So sind nun mal die Abläufe. Mit einem vorschnellen Urteil, das keinen Bestand habe, ist schließlich auch niemandem gedient.“ In der Beurteilung des Künast-Urteils stimmte sie dem Leser jedoch ausdrücklich zu. Renate Künast hat gegen das Urteil Beschwerde eingelegt. Ballnus zeigte sich zuversichtlich, dass die nun anstehende Entscheidung des Berliner Kammergerichts „in unser aller Sinne“ ausfallen werde.
Aus eigener Erfahrung berichtete Frank Kaufmann, Leser aus Peine, über ungehobeltes Benehmen von Internet-Usern: „Auch ich bewege mich in den Sozialen Netzwerken und werde dort teils wüst beschimpft und beleidigt.“ Ebenfalls an die Adresse der Braunschweiger Staatsanwältin fragte er aufgewühlt: „Warum kann man diese Dreckschweine nicht fassen?“
Leserforum: "Freie Fahrt für Pöbelei?"
Ballnus sagte, aufgrund der sich immer wieder verändernden IP-Adressen der Nutzer sei eine Rückverfolgung äußerst schwierig. Deswegen sei es nur schwer möglich, der Täter habhaft zu werden. „Ein weiteres Problem ist: Facebook gibt die Identitäten nicht heraus.“ Zwar könnten sich die Strafverfolger per Rechtshilfeersuchen an die USA wenden, wo das Unternehmen ansässig ist, „aber dieses Verfahren ist äußerst kompliziert“. Um eine Identifizierung von mutmaßlichen Straftätern zu erleichtern, forderte sie, der Gesetzgeber müsse Facebook zur Herausgabe verpflichten.
Leser Roland Kowalzik schließlich erkundigte sich nach der Trennlinie zwischen Beleidigung und Bedrohung: „Spielt da der Unterschied überhaupt eine Rolle?“, fragte er die Strafverfolgerin. Beides sind Straftatbestände, erklärte ihm Ballnus. „Aber natürlich gibt es einen Unterschied. Da bin ich ganz bei Ihnen.“ Im Fall der Rohheiten, denen die Grünen-Politikerin Künast sich ausgesetzt sah, handele es sich aus ihrer Sicht um „Beleidigungen an der Grenze zur Bedrohung“.