Braunschweig. Niedersachsens Landesregierung: Die Jagd ist ab zehn Hasen pro Quadratkilometer vertretbar – derzeit sind es elf.

Warum dürfen Feldhasen immer noch bejagt werden?


Dies fragt Daniel Olivier auf
unseren Facebook-Seiten.

Die Antwort recherchierte
Andreas Eberhard mit
unseren Agenturen

Zu viele Jäger sind des Hasen Tod. Gilt die Volksweisheit auch in Bezug auf das Überleben des Feldhasen in Deutschland? Auch wenn der Deutsche Jagdverband jüngst vermeldete, der Bestand sei bundesweit stabil, steht es nicht gut um die Langohren. Die Rote Liste stuft den Feldhasen bundesweit nach wie vor als gefährdete Tierart ein.

Ob die Jagd zum Rückgang der Hasen beigetragen hat oder beiträgt, daran scheiden sich die Geister. „Die Jagd ist dort, wo ausreichend Feldhasen gezählt wurden, keine Bedrohung für die Tiere“, sagt etwa Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Der Feldhase sei ein Kulturfolger und laufe nicht Gefahr auszusterben.

Umgekehrt sieht es die internationale Tierrechtsorganisation Peta: Sie sieht die Bejagung – neben der Landwirtschaft – als Hauptfaktor für den Rückgang der Zahl von Hasen pro Quadratkilometer. „In einer von Monokulturen geprägten, industrialisierten Landwirtschaft wirkt der enorme Jagddruck besonders verheerend“, heißt es in einer Pressemitteilung der Tierrechtler. Peta fordert den Deutschen Jagdverband auf, die Jagd auf Hasen freiwillig umgehend zu stoppen. „Die Jagd auf die Feldhasen ist existenzbedrohend“, wird in der Mitteilung Nadja Michler, Peta-Fachreferentin für Wildtiere zitiert: „Es wäre nicht das erste Mal, dass Jäger einer Tierart so lange nachstellen, bis sie am Rande der Ausrottung steht.“

Nach dem Bundesjagdgesetz fällt der Feldhase unter die jagdbaren Arten. Nach der Bundesjagdzeitenverordnung darf er vom 1. Oktober bis zum 15. Januar gejagt werden. In Niedersachsen ist die Jagdzeit noch etwas eingeschränkter: Hier wurde die Jagdzeit 2014 um zwei Wochen verkürzt und ihr Ende vom 15. Januar auf den 31. Dezember vorverlegt.

Nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) fällt der Feldhase darüber hinaus unter Anhang III der Berner Konvention von 1979. Dieses Dokument soll den Schutz empfindlicher und gefährdeter Arten einschließlich wandernder Arten und ihrer Lebensräume gewährleisten. Die „geschützten Tiere“ des Anhangs III dürfen nur in einem Umfang bejagt oder genutzt werden, der ihren Bestand nicht gefährdet.

Die Verantwortung hierfür liegt laut dem niedersächsischen Umweltministerium bei den jeweiligen Jagdausübungsberechtigten – also bei den Grundeigentümern. „Die Bejagung des Feldhasen erfordert ein umfangreiches Wissen über die jeweils aktuellen Besätze und jährlichen Nettozuwächse“, teilt das Ministerium mit. Dabei geht es vor allem darum, zu errechnen, wie viele Hasen geschossen werden dürfen. „Die maximal zulässige Jagdstrecke ist der jährliche Zuwachs (Herbstzählung minus Frühjahrszählung), verringert um die Wintermortalität (im Durchschnitt 10 Prozent vom Herbstbesatz)“, erläutert das Umweltministerium die Formel. So soll sichergestellt werden, dass der Bestand durch die Jagd nicht weiter schrumpft.

Allerdings betont das Ministerium auch, dass „nach heutigem wild-biologischen Kenntnisstand eine jagdliche Nutzung erst ab einer Frühjahrsdichte von 10-15 Hasen pro Quadratkilometer oder einer Herbstdichte von 20 Hasen pro Quadratkilometer in Betracht gezogen werden“ solle. „Bei geringen Hasenbesätzen und bei stark zurückgehenden Besätzen innerhalb weniger Jahre sollte ganz auf eine Bejagung verzichtet werden.“ Laut der jüngsten Zählung liegt der Schnitt in Niedersachsen derzeit bei 11 Tieren – also am unteren Rand des Verkraftbaren.

Während nach Angaben der Landesjägerschaft im Jagdjahr 2005/06 noch in 76 Prozent der niedersächsischen Jagdreviere Hasen bejagt wurden, ging der Anteil bis zum Jagdjahr 2016/17 auf 61 Prozent zurück. „Die Mehrzahl der Reviere erlegten dabei nur wenige bzw. nur den einen oder anderen Küchenhasen“, heißt es im Landesjagdbericht. Im Jagdjahr 2017/18 wurden in Niedersachsen 44.510 Feldhasen geschossen oder fielen Verkehrsunfällen zum Opfer. Um die Jahrtausendwende waren es noch mehr als doppelt so viele. Seit 2007 geht die jährliche „Jagdstrecke“ im Land kontinuierlich zurück.