Bauern aus unserer Region rechnen mit bis zu 20 Prozent Ernteeinbußen. Hinzu kommen Qualitätsmängel bei den Knollen.

Zu den drastisch steigenden Kartoffelpreisen schreibt unser Leser Horst König auf unseren Facebookseiten den Kommentar: „Welch ein Zufall!“

Das Thema recherchierte Julia Popp.

Braunschweig.

Landwirte rechnen in diesem Jahr mit einer katastrophalen Kartoffelernte. Zufall sind die steigenden Preise, wie unser Leser anmerkt, also nicht, denn monatelange Hitze und fehlender Niederschlag haben den Knollen ordentlich zugesetzt. „Wir erwarten eine der kleinsten Kartoffelernten, die wir jemals in Deutschland hatten“, sagte Martin Umhau von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) im Vorfeld der Kartoffelfachmesse PotatoEurope, die am Mittwoch begann. In Springe bei Hannover präsentieren rund 240 Aussteller Neuerungen aus den Bereichen Züchtung, Verarbeitung und Pflanzenschutz.

Ersten Prognosen zufolge könnte die Kartoffelernte in diesem Jahr zwischen 8,5 und 10 Millionen Tonnen betragen. 
Ersten Prognosen zufolge könnte die Kartoffelernte in diesem Jahr zwischen 8,5 und 10 Millionen Tonnen betragen.  © Jürgen Runo

Umhau, Aufsichtsratsmitglied des Agrarverbands, verweist auf Prognosen, denen zufolge die deutsche Kartoffelernte in diesem Jahr wegen der Dürre zwischen 8,5 Millionen und 10 Millionen Tonnen betragen könnte.

Noch im Vorjahr lag sie nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 11,7 Millionen Tonnen (siehe Grafik) – davon mehr als fünf Millionen Tonnen allein in Niedersachsen. Im Vergleich zu den Jahren 2015 und 2016 wurden die Erntemengen im vergangenen Jahr übertroffen und das, obwohl die Kartoffelbauern ebenfalls mit extremen Wetterbedingungen zu kämpfen hatten.

„Eine so langanhaltende Hitzewelle habe ich aber noch nie erlebt“, sagt Jürgen Hacke. Auf 30 Hektar baut der Landwirt aus Wehnsen, einem Ortsteil der Gemeinde Edemissen im Landkreis Peine, Kartoffeln an. In diesem Jahr rechnet er mit Erntebußen von 15 bis 20 Prozent bei den Speisespätkartoffeln. „Aufgrund der Hitze haben die Pflanzen das Wachstum eingestellt, deshalb gibt es weniger Knollen“, erklärt Hacke, der auch Mitglied im Vorstand des Landvolks Braunschweiger Land ist. Früh- und mittlere Kartoffeln seien noch weitgehend glimpflich davongekommen.

Zu den Ernteausfällen kommen auch Qualitätsmängel. „Meine Kartoffeln haben in diesem Jahr nicht die Qualität, die sie eigentlich haben sollten“, beklagt der Landwirt. Bei den Knollen hat sich die Krankheit Silberschorf ausgebreitet, die sich durch dunkle Flecken auf der Schale äußert. „Es ist zwar nur ein optischer Mängel, aber das wird mir am Ende abgezogen“, sagt der Landwirt.

Aber, betont Hacke, er könne froh sein, dass er überhaupt etwas ernten könne. „Ohne Beregnung hätten wir in diesem Jahr überhaupt gar keine Kartoffeln.“ Kollegen, die solche Anlagen nicht haben, müssten mit größeren Verlusten rechnen. Ohne zusätzliche Kosten verbunden ist die Maßnahme nicht, denn die Bewässerung der Felder steigert die Wasser- und Energiekosten. Das bestätigt auch Carsten Grupe, Leiter der Braunschweiger
Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer Niedersachsen: „Allein für einen Hektar Ackerfläche fallen dadurch rund 750 Euro zusätzliche Kosten an.“ Für viele Bauern aber die einzige Möglichkeit, um die Wetterkapriolen überhaupt abfedern zu können – wenn auch „teuer erkauft“, sagt Grupe.

Und weil auch in den kommenden Wochen nur mit wenig Regen zu rechnen ist, steigen jetzt auch die Kosten für die Lagerung. „Die Spätkartoffeln sind abgereift und müssen vier Wochen früher aus der Erde als sonst üblich“, sagt Hacke. Zwar erhält der Landwirt für 100 Kilogramm Kartoffeln in diesem Jahr 20 Euro und damit fast doppelt so viel wie im Vorjahr, „das gleicht die Mehrkosten und Ernteausfälle aber nicht aus.“

Letztlich bekommt das auch der Verbraucher zu spüren: Laut Deutscher Landwirtschafts-Gesellschaft müsste mit bis zu 30 Prozent höheren Preisen gerechnet werden. „Momentan ist es aber noch schwierig, genau einzuschätzen wie viel letztlich auf den Verbraucher abgewälzt wird“, sagt Carsten Grupe.