Braunschweig. Bei der Echo-Verleihung kritisiert Punk-Musiker Campino die umstrittenen Rapper.

Ein Leser, der sich „Klugscheißer“nennt, meint:

Es obliegt den Eltern, auf den Mist zu schauen bzw. zu hören, den ihre Kinder sich reinziehen und ihnen zu erklären, was z.B. Auschwitz ist. Vorausgesetzt, sie hängen nicht selbst schon Hassideologien an.

Zum Thema recherchierte Martin Jasper

Wer die entscheidenden Passagen der Preisverleihung im Fernsehen und die Begleit-Geräusche im Internet verfolgt hat, kommt zu dem Schluss: Gut, dass wenigstens der alte Punk-Prediger Campino die Total-Blamage der deutschen Unterhaltungsindustrie verhindert hat. Niemand außer ihm meinte es an dem Abend nötig zu haben, eine klare Haltung gegenüber der Provokation der nominierten Rapper Kollegah/Farid Bang zu zeigen. Deren Satz: „Mein Körper definierter als der von Auschwitzinsassen“ hatte für Proteste der jüdischen Gemeinde und des Internationalen Auschwitz-Komitees gesorgt. Campino fragte nach einer Grenze der Toleranz bei Provokationen, die nur dazu da seien, „zu zerstören und andere auszugrenzen“, und sah darin einen um sich greifenden Zeitgeist.

„Es geht nicht nur um einen Rap, sondern um einen Geist, der zurzeit überall präsent ist.“
„Es geht nicht nur um einen Rap, sondern um einen Geist, der zurzeit überall präsent ist.“ © Campino, Sänger der Düsseldorfer Punk-Band Die Toten Hosen.

Die Rapper zeigten sich unbeeindruckt. Nachdem sie in ihrer Kategorie sogar gewonnen hatten, nannten sie Campinos Einrede „relativ stillos“, trumpften mit einer aggressiven Show mit maskierten Muskelmännern auf und mutmaßten hinterher, Campino habe für sich selbst Promotion gemacht. Allerdings darf man vermuten, dass der Skandal vor allem den Rappern genutzt hat.

Prominente teilen Campinos Sichtweise. „Dass ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag in Israel, die Echo-Verleihung von dieser Nominierung überschattet wird, ist makaber und beschämend“, sagte Peter Maffay. Die Jusos twitterten, es sei ein falsches Signal, dass die Zeile nicht für einen Echo-Ausschluss gereicht habe. „Es geht nicht um einzelne Worte, sondern um Antisemitismus, Sexismus und Homophobie in Teilen der Rap-Szene.“ Solche Zeilen verletzten nicht nur Holocaustüberlebende, sondern auch ihre Familien, sagte der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. „Das missbraucht die Kunstfreiheit und ist inakzeptabel. Es ist sehr problematisch, dass damit auch noch Hunderttausende junger Menschen erreicht werden.“

Nun sind wir beim Thema des Lesers. Fraglos sind in Sachen Rap die Eltern gefordert. Doch ist für Heranwachsende gerade das besonders reizvoll, was die Eltern untersagen. Nicht zuletzt deshalb ist Rap ja so erfolgreich. Campino ist für die Kids ein uralter Mann.

In der Pflicht sind Eltern aber unbedingt beim Thema Holocaust. Etwa, indem sie den Nachwuchs mitnehmen zur Gedenkstätte Bergen-Belsen, die derzeit eine Ausstellung über Kinder im KZ zeigt (siehe Kulturseite). Diese haben gewetteifert, wer mit den Händen an den abgemagerten Körpern am tiefsten unter den Brustkasten fassen konnte. Bald darauf waren die meisten tot. Soviel zu den definierten Körpern.