Tempe. Nach dem tödlichen Unfall mit einem Uber-Wagen regt sich Kritik am autonomen Fahren.

Das Fahrrad liegt verlassen auf dem Bürgersteig. Am Straßenrand steht das Unfallauto mit eingedrückter Front. Stumme Zeugen eines Dramas in den USA, bei dem eine Frau von einem selbstfahrenden Auto getötet wurde. Während die Untersuchungen in der Stadt Tempe in Arizona noch auf Hochtouren laufen, ist bereits klar: Der erste tödliche Unfall eines autonomen Uber-Autos ist ein Rückschlag auf dem Weg zu Roboter-Autos, da sind sich die Verkehrsforscher einig.

Der Volvo des Transportdienstes Uber fuhr rund 61 statt der erlaubten 56 km/h. Und: Er hat nicht abgebremst – jetzt muss geklärt werden, warum das passieren konnte. Die Polizeisprecherin von Tempe, Sylvia Moir, ist der Auffassung, dass der Unfall nur schwer zu verhindern gewesen wäre – egal ob ein Fahrer oder ein Roboter den Wagen gesteuert hätte. Die 49-Jährige sei, während sie ihr Rad schob, „direkt aus dem Schatten auf die Fahrbahn getreten“, so Moir. Sie geht davon aus, „dass Uber wahrscheinlich keine Schuld an diesem Unfall trägt“.

Bisher dominierte in der öffentlichen Meinung der Glaube an die Technik. Ohne Robotertaxis drohe der Verkehrsinfarkt in Mega-Citys. Mit neuen Mobilitätskonzepten bekämen dagegen die Menschen die Straßen der Städte für sich zurück, schwärmte Ford-Chef James Hackett erst im Januar. Doch jetzt werden mahnende Stimmen lauter. Der Unfall zeige, dass die Technologie noch weit davon entfernt sei, sicher für Passagiere, Fußgänger und andere Fahrer zu sein, warnte US-Senator Richard Blumenthal. „In unserer Eile, Innovationen voranzutreiben, dürfen wir nicht die grundlegende Sicherheit vergessen.“ Verkehrsforscher Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen bedauert, dass sich durch die neue Sicherheitsdebatte die Entwicklung weiter verzögert. Aus seiner Sicht sei der Computer dem Menschen haushoch überlegen: „Der Computer raucht nicht am Steuer, trinkt nicht, isst nicht und telefoniert auch nicht“, sagte er. „95 Prozent der 1,2 Millionen Verkehrstoten jährlich sterben durch menschliches Verschulden.“

Dutzende Unternehmen arbeiten an der Technologie für autonomes Fahren: Autohersteller, Zulieferer, Start-ups, Unternehmen wie Apple, Samsung, Alibaba oder eben Uber. Auch die Google-Schwesterfirma Waymo gilt laut Ferdinand Dudenhöffer als sehr weit – viele Autobauer wollten aber keine Abhängigkeit von dem Internet-Riesen. Dudenhöffer hält weniger die Technik, sondern den Menschen für fehleranfällig. Instinkt hin oder her – in Extremsituationen reagiere der Mensch panisch. „Ein Computer kann Gesten besser interpretieren. Er kann genau erkennen, ob ein Kind, das am Straßenrand spielt, stehen bleibt oder springt.“

Jetzt werden wieder Testreihen aufgestellt. Doch stehen selbst manche Tests in der Kritik. Ein Auto mit einer Familie an Bord rast auf einen Zebrastreifen zu. Es kann nicht ausweichen, Was soll es tun?

Es fährt die Personen auf dem Zebrastreifen um und nimmt deren Tod in Kauf. Oder es weicht aus, fährt gegen die Betonwand und die Insassen sterben. Dudenhöffer hält von solchen Szenarien nichts. „Für den Menschen wäre diese Situation ja genauso schwierig.“ Der Roboter arbeite in diesem Fall nach einem Zufallscode. „Es ist wie Münzewerfen.“