Braunschweig. Wer sich einen Vierbeiner anschaffen möchte, sollte genau auf den ursprünglichen Zwecke der Rasse achten.

Unser Leser Klaas Kuhgel bemerkt auf unserer Internetseite:

Besitzer kleiner Anspringer und Beißer kümmern sich oft nicht mal drum, wenn man gebissen wurde. Oder sie verharmlosen das Verhalten, statt die Tiere ordnungsgemäß an der Leine zu halten.

Dazu recherchierte Eske Hansen

Der Hund polarisiert wie kaum kein anderes Haustier. Wie man bei angreifenden Hunden reagiert, war Thema in der Ausgabe vom 6. Januar. Dass auch kleine, vermeintlich harmlose Vierbeiner für Ärger sorgen können, beklagt unser Leser Klaas Kuhgel. Dabei sei die richtige Erziehung bei allen Hunden wichtig – egal ob groß oder klein, sagt auch Hundetrainerin Verena Geißler. Ungehorsam falle bei den kleinen Tieren nur nicht so sehr ins Gewicht. „Wenn ein kleiner Hund an der Leine zieht, ist das nicht so unangenehm wie bei einem Großen.“ Doch Erziehung gehöre dazu, wenn man sich einen Hund anschafft. Das würden viele Hundeliebhaber unterschätzen, so Geißler.

Rasse-Rangliste

Dass Hundehalter sich die unpassende Rasse aussuchen, sei leider ebenfalls ein häufiges Problem. Der Zeitfaktor sollte bei der Auswahl eine entscheidende Rolle spielen, meint Geißler. „Für jemanden mit einem Vollzeitjob kommt ein Hund, insbesondere ein Welpe, gar nicht infrage“, stellt sie klar. Ein weiterer Punkt sei die Größe des Hundes. Der Hund sollte für den Besitzer stets beherrschbar sein. Eine Faustregel ist laut Geißler, dass das Gewicht des Tieres höchstens die Hälfte des Eigengewichts des Besitzers sein dürfe. Große Rassen wie Doggen hält jedoch auch kein großer Erwachsener ohne weiteres. Hier sei die Erziehung umso wichtiger. Auch bei der Pflege gebe es Unterschiede. „Das Langhaar eines Collies ist natürlich aufwendiger zu pflegen als das eines Kurzhaardackels“, so Geißler.

Probleme gebe es in diesem Zusammenhang auch mit den sogenannten Modehunden. Die Französische Bulldogge führt diese Hitliste momentan an. Ursprünglich wurde sie für Hundekämpfe gezüchtet, daher sei ihr Charakter mitunter stur und starrsinnig, was die Erziehung nicht einfach gestalte, sagt Geißler. Außerdem ist die Bulldogge durch die extreme Züchtung der Nase und Rute eine der ungesündesten Rassen.

Weiter zu beachten sei, dass Rassen für bestimmte Zwecke gezüchtet werden und dass das wiederum Ansprüche an den Halter stellt. „Hütehunde wie der beliebte Australian Sheperd wollen arbeiten“, erklärt die Hundetrainerin. Sie brauchen viel körperliche und geistige Beschäftigung. Wachhunde wie der Hovawart sollten ursprünglich Haus und Hof bewachen. Es erfordert eine konsequente Erziehung, seine natürliche Neigung zu regeln. Das sei bei der Hundewahl zu beachten, sagt Geißler. Die Züchter haben aber reagiert und unterscheiden mittlerweile in eine Show- und eine Arbeitslinie. Hunde der Showlinie sollen schön aussehen und nicht mehr so sehr den ursprünglichen Zweck der Rasse erfüllen.

Dass Mensch und Tier zusammenpassen, ist der Hauptzuchtwartin des deutschen Rassehunde-Verbands, Kerstin Freuwört, wichtig. Daher achtet sie darauf, wem sie Welpen verkauft. Seit 20 Jahren züchtet sie Golden Retriever. „Viele Leute sind sehr naiv, die einen Welpen bei mir kaufen wollen“, sagt sie. Eine Bewerbung mit Lebenslauf erwarte sie, anders als einige Kollegen, jedoch nicht. Die Vorlage des Jahreseinkommens gehe ihr dann doch zu weit. Sie legt Wert darauf, dass die Hundehalter genug Zeit und Platz haben. Außerdem brauche der Hund als Rudeltier ausreichend Sozialkontakt, damit er seelisch nicht verkümmere. Sie findet, es sei die Aufgabe des Züchters, herauszufinden, ob der Hund zum Interessenten passe. „Da ist Ehrlichkeit ganz wichtig. Doch viele Züchter wollen heute leider nur noch verkaufen.“ Ihrer Erfahrung nach sind die Menschen auf der Suche nach einem Ruhepol, als Gegensatz zu ihrem stressigen Alltag. In diesem Zusammenhang müsse man sich klarmachen, dass ein kleiner quirliger Jack-Russell nie ganz ruhig werde. Generell rät sie, sich vor dem Hundekauf gründlich zu informieren, um zu erkennen, welcher Hund der passende ist. „Wie bin ich und was mache ich in meiner Freizeit?“ Diese Fragen müsse man sich vorher stellen und danach den Hund auswählen.

Ohne Hundeschule gehe es sowieso nicht, erklärt Hundezüchterin Freuwört. Mindestens die Welpenschule sollte drin sein, damit der Hund alltagstauglich werde. Sie empfiehlt auch dringend einen Junghundekurs nach der „Pubertät“. „Dann wird die Festplatte des Hundes gelöscht“, berichtet Freuwört. In der Zeit heiße es dann durchhalten und nicht aufgeben.