Hannover. CDU und FDP sehen den Wahltermin als „Kompromiss“ – und setzen auf ihre neue Mehrheit im Landtag.

Der Kandidat gab sich staatsmännisch, fast so, als säße er schon als Kapitän und Steuermann in der niedersächsischen Staatskanzlei. „Nach Tagen in schwerer See geht es jetzt in ruhigeres Fahrwasser zurück“, sprach also Bernd Althusmann, CDU-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat zur Landtagswahl.

Zur guten Laune des CDU-Mannes dürfte beigetragen haben, dass Althusmann nicht mehr im engen Raum 1108 im Landtag saß, wo sonst nervöse Zeugen auf ihre Befragung in den laufenden Untersuchungsausschüssen warten. Im großen Fraktionssaal der CDU, wo künftig auch die Ex-Grüne Elke Twesten als neues Mitglied Platz nehmen soll, fühlte sich der Ex-Abgeordnete Althusmann wie zu Hause. Seine Kursvorgabe, entweder Neuwahlen schon am 24. September oder aber ein Misstrauensvotum gegen Weil im Parlament, hatte Althusmann zwar nicht durchgebracht. „Wir werden fröhlich und gelassen in die kommende Wahlauseinandersetzung gehen“, versicherte er aber.

Der Tag hatte – rund um den besagten Raum 1108 – alle Zeichen einer Politik am Rande des Nervenzusammenbruchs gebracht, mit heftigem Streit darüber, wer denn nun einladen dürfe, um die Frage des Wahltermins zu klären. Zunächst hatte Ministerpräsident Stephan Weil, zugleich auch SPD-Landesvorsitzender, ein Spitzengespräch für Montag um 13 Uhr angekündigt, dann ein verärgerter Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) für 12 Uhr. Neuwahlen seien Sache des Landtags, nicht des Ministerpräsidenten, hatte es geheißen.

Beide Termine waren dann doch noch zu einem gemeinsamen Treffen um 12.30 Uhr zusammengelegt worden. Wenn die Tür zu dem kleinen Raum sich öffnete, für Getränkelieferungen oder andere Notwendigkeiten, sah man je nach Zeitpunkt in ernste oder fröhliche Gesichter, Busemann saß neben Weil, daneben Landeswahlleiterin Ulrike Sachs. Am entschiedensten habe Sachs gegen eine Wahl am 24. September argumentiert, berichtete CDU-Fraktionschef Björn Thümler als einer der Teilnehmer später. Offenbar dienten die Abläufe bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2015 als eine Art Kompass. Das hätten dann die Fraktionsvorsitzenden Johanne Modder (SPD) und Anja Piel (Grüne) aufgenommen.

Die Grünen hatten sich schon im Vorfeld für eine Wahl im Oktober stark gemacht, vor allem wegen rechtlicher Risiken. Unter anderem gehe es darum, dass kleine Parteien Unterstützerunterschriften sammeln könnten und die Briefwahl ordentlich organisiert werden könne, hieß es. „Wir haben uns am Ende auf einen Kompromiss verständigt“, sagte

Althusmann. Mit einer Stimme Mehrheit durch den Wechsel Twestens hätten CDU und FDP auch ein Misstrauensvotum gegen Weil im Parlament versuchen können. Wäre das gelungen, hätte

Althusmann als Ministerpräsident in den Wahlkampf ziehen können. Für Weil wäre die Lage dann äußerst schwierig geworden. Auf Fragen nach einem Rücktritt sagte Weil am Montag lediglich: „Habe ich doch schon am Freitag gesagt.“ Soll heißen: nein. FDP-Parteichef Stefan Birkner sagte noch einmal deutlich, was er von so einem Misstrauensvotum hält: nichts. Wäre es im Landtag zur Abstimmung gekommen, wäre Althusmann zudem ein großes Risiko eingegangen.

Die noch amtierende Regierung bekam aber in Nadelstichen bereits zu spüren, dass ihre Zeit fast abgelaufen ist. Die Regierung Weil sei nur noch geschäftsführend im Amt, sagte FDP-Mann Birkner, und CDU-Fraktionschef Thümler warnte Rot-Grün davor, noch wichtige Personalentscheidungen wie etwa über Gerichtspräsidenten zu treffen. Auch die Arbeit in den Ausschüssen des Landtags steht unter neuen Vorzeichen, denn die Mehrheit im Parlament wird dort abgebildet. Niedersachsen müsse handlungsfähig sein, sagte Althusmann und nannte die Themen VW, Schule, Sicherheit.

„Die Mehrheitsverhältnisse im Landtag werden nach den Neuwahlen auch wieder dem Wählerwillen entsprechen“, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Piel. Mit dem 15. Oktober folge man auch der Empfehlung der Landeswahlleiterin. SPD und Grüne werfen Twesten vor, durch den Wechsel zur CDU den Wählerwillen von 2013 verfälscht zu haben.

Althusmann konterte, gewählt würden keine Koalitionen, derartige Wechsel gebe es häufiger. „Wir sollten jetzt die Kirche im niedersächsischen Dorf lassen“, sagte Althusmann. Dass Twestens Wechselplan nicht erkannt und abgewendet wurde, darüber herrscht aber auch bei vielen in der SPD Kopfschütteln.