Braunschweig. Vereine wie „Dignitas“ und „Sterbehilfe“ fordern ein Recht auf Selbstbestimmung bis zum Tod.

„Wer sich an uns wendet, hat sich das tausendmal überlegt.“
„Wer sich an uns wendet, hat sich das tausendmal überlegt.“ © Roger Kusch, Vorsitzender des Vereins „Sterbehilfe Deutschland“

Es gibt verschiedene Vereine und Organisationen, die Beihilfe zur Selbsttötung anbieten. Den Verantwortlichen wird oft vorgeworfen, sich am Geschäft mit dem Sterben zu bereichern. Zwei der bekanntesten Vereine sind „Dignitas“ und „Sterbehilfe“. Beide betonen, dass sie nicht kommerziell handelten.

Der Verein „Dignitas Deutschland“ mit Sitz in Hannover wurde 2005 gegründet und hat rund 1600 Mitglieder; es handelt sich um einen Ableger des Vereins Dignitas in der Schweiz. Die Vize-Vorsitzende Sabine Laube betont, dass nicht die Freitodbegleitung bei schwerer, irreversibler Krankheit im Vordergrund stehe. Vielmehr mache die Beratung von Ärzten, Kranken und Angehörigen über Patientenrechte und Patientenverfügungen den Großteil der Vereinsarbeit aus.

„Wenn jemand mit Suizidgedanken zu uns kommt, geht es primär um die Frage: Wie kann ich weiterleben?“, sagt sie. Die Beratung umfasse unter anderem Hinweise auf Kriseninterventionszentren und Palliativpflege. „Einige Menschen kontaktieren uns, weil sie trotz aller hervorragenden Errungenschaften der Medizin nicht die Lebensqualität erreichen oder halten können, die ihnen zusagt. Sie wollen einen Notausgang für den Fall, dass ihr Zustand für sie untragbar wird.“

Die Sterbebegleitung führt Dignitas nicht in Deutschland durch, sondern in der Schweiz. Denn anders als in Deutschland ist es dort zulässig, dass Ärzte und Apotheker das tödlich wirkende Medikament Natrium-Pentobarbital verschreiben und aushändigen. Laut Dignitas trinken die Sterbewilligen das Mittel mit Wasser, schlafen ein und sterben.

Seit 1998 hat der Verein in der Schweiz eigenen Angaben zufolge bei fast 1500 Menschen Beihilfe zur Selbsttötung geleistet. Allein im vergangenen Jahr waren es 198, davon kamen 84 Menschen aus Deutschland. Sabine Laube bekräftigt, dass es nie um Tötung auf Verlangen gehe, sondern um Beihilfe zum Suizid: „Die Person muss nicht nur geschäftsfähig sein, sondern sie muss in der Lage sein, den letzten Akt selbst zu vollziehen.“ Die Kosten einer Sterbebegleitung beziffert Dignitas auf rund 5600 Euro; wenn Behördengänge und Bestattung hinzukommen, sind es 8400 Euro.

Im Gegensatz zu Dignitas bietet der Verein „Sterbehilfe Deutschland“ in der Bundesrepublik Sterbebegleitung an. Der Verein wurde 2009 von dem früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch gegründet und hat rund 300 Mitglieder. Seit 2010 wurden Kusch zufolge 77 Menschen beim Suizid begleitet, davon 29 im vergangenen Jahr. Ihr Durchschnittsalter habe bei 70 Jahren gelegen. Häufig habe es sich um Menschen mit psychischen Erkrankungen gehandelt. Kritiker warnen, dass psychisch Kranke nur eingeschränkt urteilsfähig seien – Kusch kontert, dass ein psychiatrischer Gutachter unter anderem prüfe, ob Einsicht und Willensfähigkeit erhalten sind und alle therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.

Laut Kusch arbeitet der Verein mit Ärzten und Apothekern zusammen, die ein tödliches Medikament verschreiben. „Sie haben strafrechtlich nichts zu befürchten, weil die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei ist“, erklärt er. Die Kosten der Sterbegleitung liegen ihm zufolge bei maximal 1500 Euro. „Wenn wir einem Mitglied Sterbehilfe gewähren, zahlen wir alle Vereinsbeiträge und Spenden an die Angehörigen zurück.“