„Was der erschütterte Heimleiter über die Ausgrenzung seiner Mitarbeiter berichtet gehört zu den abstoßenden Beispielen charakterlicher Defizite.“

Es heißt, Krisen bringen das Beste und das Schlechteste im Menschen hervor. Das gilt auch für unsere Gemeinschaft hier am Südrand des Harzes – und das stimmt zum einen hoffnungsvoll, wie es zum anderen, im negativen Fall, verstörend ist und wütend macht.

Derzeit macht ja fast jeder von uns, das unterstelle ich einfach mal, viele positive Erfahrungen mit seinen Mitmenschen, sei es in Form von Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme, Solidarität und Mitgefühl – oder beispielsweise einem fast stoischen Pflichtbewusstsein mancher Supermarktmitarbeiter und all der „Alltagshelden“, die jetzt im ganzen Land zu Recht gefeiert werden und über die auch unsere Zeitung schon viel berichtet hat. Ich jedenfalls habe in den vergangenen Tagen den Eindruck gewonnen, dass man sich auf die Menschen in seiner Nachbarschaft doch verlassen kann und sie einem helfen, wenn es schwierig wird.

Doch dann gibt es leider auch die Kehrseite der Medaille, die abstoßenden Beispiele von gefährlicher Ignoranz, rücksichtslosem Egoismus und asozialem Verhalten mancher Zeitgenossen, die gerade auch in so einer Krise sich selbst am nächsten sind, die zuerst und vor allem auf den eigenen Vorteil aus sind und meinen, die Regeln des zivilisierten Miteinanders gelten nur für die anderen. Die Fälle von Hamsterkäufen sind dabei bislang eigentlich nur eine amüsante Anekdote, noch gefährdet das Horten von Klopapier, Konserven und Mehl niemanden, auch wenn es den Supermärkten doch arge Probleme bereitet. Aber was mir der hörbar erschütterte Andreas Kern berichtet hat über den Diebstahl von Schutzausstattung aus seinem Pflegeheim und auch über die Ausgrenzung und das Misstrauen, mit denen seine Mitarbeiter derzeit konfrontiert sind – deren Beruf es doch ist, anderen Menschen zu helfen – das gehört eindeutig zu jenen besonders abstoßenden Beispielen von charakterlichen Defiziten bei manchen.

Und doch, ich und auch Herr Kern, sind überzeugt, dass dies nur eine kleine Minderheit von Idioten ist, die das positive Bild dieser Tage ein wenig trüben. Bitte lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass das Beste in unserer Gesellschaft immer heller strahlt. Die Menschen, die vom Virus infiziert sind, brauchen unser Mitgefühl und unsere Solidarität. Und die Helfer unsere volle Unterstützung.