Goslar. Hundehalter Thomas Rademacher ist mit zwei Vierbeinern unterwegs, als eine Großkatze auf ihn zuläuft.

Dass Luchse von Jägern oder Wanderern gesichtet werden, ist nach der Auswilderung in den Jahren 2000 bis 2006 mittlerweile häufig, bis zu 200 Meldungen erreichen den Nationalpark-Luchsbeauftragten Ole Anders jährlich. Begegnungen aus der Nähe sind aber selten. Thomas Rademacher aus Oker lief am Montag in Goslar ein junger Luchs über den Weg.

Mit dem Handy gefilmt

Rademacher war um 7 Uhr mit zwei Hunden am Bollrich zwischen Oker und Goslar unterwegs, als ein Luchsweibchen auf ihn zuläuft. Der 55-Jährige reagiert unbeeindruckt. Mit seinem Handy nimmt er das Geschehen auf. Der Film zeigt, wie er seinen großen Hund an die Leine nimmt. Es ist zu hören, wie beide Hunde aufgeregt bellen, der kleine mehr als der große. Rademacher ruft seine Hunde zurück, während der Luchs ihm und seinen Vierbeinern folgt.

Dann ist zu sehen, wie der Luchs für einen Moment etwas forscher auf Rademacher und seine Hunde zuläuft. Währenddessen wedelt das Tier unternehmungslustig mit seinem Stummelschwanz. Der 55-Jährige sagt: „Angst hatte ich zu keiner Zeit.“ Nur um seinen kleinen Pinscher sorgte er sich. Das Tier wiege nur acht Kilo, ein Leichtgewicht. Seinen größeren Hund hatte Rademacher schnell an die Leine genommen.

Raus aus der Gefahrenzone

„Ich wollte ruhig bleiben und aus der Gefahrenzone gehen“, sagt der Okeraner, der sich im Rückwärtsgang fortbewegte. Rademacher sagt, er wisse, aus dem, was er über Luchse gelesen und gehört habe, dass die Tiere Menschen nicht gefährlich werden, aber dass sie auf Hunde reagieren. Darum habe er seine Tiere in Sicherheit bringen wollen.

Einmal bleib er kurz stehen, weil er gesehen hatte, dass der Luchs eine Ohrmarke trug. Die fotografierte er, damit das Tier später identifiziert werden kann. Dann nahm er eine Leine und schlug sie laut auf den Boden, um den Luchs zu verscheuchen. Den habe das zunächst nicht gestört, dann aber habe er sich langsam aus dem Staub gemacht.

Nationalpark kontaktiert

„Ich bin einfach weggegangen.“ Zwischen zwei und drei Minuten habe die Begegnung gedauert. Rademacher rief gleich beim Nationalpark an. Luchsbeauftragter Ole Anders schickte eine Mitarbeiterin, um an Ort und Stelle nach dem Tier zu suchen und Hinweise dafür zu finden, warum der Luchs auf den Hundehalter zulief. Es könnte sein, dass die Katze in der Nähe des Weges einen Rehriss liegen hatte, den sie verteidigen wollte, sagt Anders.

Eine aggressive Haltung habe der Luchs nicht eingenommen. Mit seinem Verhalten habe sich das Tier auf die Hunde fixiert, um mitzuteilen: „Ich behaupte meinen Platz.“ Gefährlich sei die Situation nicht gewesen. „Es ist immer die Frage, wie reagieren die Hunde.“ Die hätten es genau richtig gemacht, indem sie sich durch das Bellen bemerkbar gemacht hätten.

Tier ist bekannt

„Das Tier ist uns bekannt“, sagt Anders über die Luchsin. An der Ohrmarke habe er gesehen, dass es sich um ein Weibchen handelt, das im Frühjahr vorigen Jahres zur Welt kam. Erst vor wenigen Wochen sei das Tier am Bollrich gefangen worden, nachdem ein Jagdpächter einen Hinweis gegeben hatte. Der Luchs hätte einen Halsbandsender bekommen sollen, um nachzuverfolgen, wie sich die Harzer Pinselohren ausbreiten. Doch dafür sei das Tier zu leicht gewesen. Daher habe es eine Ohrmarke erhalten.