Göttingen. Kampfexperimente lassen Rückschlusse auf frühere Technik zu: Forscher aus Göttingen und England haben Gebrauchsspuren historischer Waffen untersucht.

Bronze gilt als eine weiche Legierung; Schwertern aus diesem Material wurde bislang häufig nur eine zeremonielle oder statusgebende Rolle zugesprochen. Eine neue Studie des Archäologen Dr. Raphael Hermann von der Universität Göttingen belegt dagegen, dass solche Schwerter widerstandsfähig und kampftauglich waren: Er zeigt, dass bronzezeitliche Schwertkämpfer ganz bewusst den Kontakt zum gegnerischen Schwert suchten und ausgeklügelte Kampftechniken entwickelten.

Anhand der Kampfspuren auf originalen Waffen und experimentellen Vergleichsspuren hat das Projektteam rekonstruiert, wie die Schwertkämpfer ihre Waffen im Detail einsetzten. Archäologe Hermann konzipierte für seine Doktorarbeit an der Newcastle University rund 150 Kampfexperimente mit Schwert-, Speer- und Schildrepliken. Außerdem dokumentierte er 2.500 originale Kampfspuren auf 110 Bronzeschwertern aus Großbritannien und Italien. Die Entdeckung diagnostischer Gebrauchsspuren, die jeweils immer nur einer ganz bestimmten Kampftechnik zugeordnet werden, führte zu überraschenden Ergebnissen.

Spuren an historischen Schwertern analysiert

„Die mittelalterliche Technik des Versetzens, bei dem das gegnerische Schwert mithilfe der eigenen Klinge kontrolliert wird, hinterließ eindeutige Eindellungen der Schneiden“, erläutert Hermann. „Paraden mit der flachen Seite des Schwertes, wie sie zur Materialschonung mit Eisenschwertern sehr häufig durchgeführt werden, führen hingegen zu einer starken Verbiegung des Bronzeschwertes, und zwar so extrem, dass dieses so gut wie unbrauchbar ist.“ Die zwei häufigsten Kampfspuren belegen zudem eindeutig ein regelmäßiges Aufeinandertreffen von Schwertern und Speeren.

Statistische Analysen der Kampfspuren, chronologisch angeordnet, deckten eine Vielzahl an Gruppierungen und Mustern auf. Daraus lässt sich das Aufkommen und die Weiterentwicklung ausgefeilter Schwertkampfstile und -traditionen in England und Italien ableiten. „Die Technik des Versetzens zum Beispiel erfordert Expertise und jahrelanges Training“, so Hermann. Mit Beginn der Eisenzeit endet diese Entwicklung, was auf eine tief gehende Veränderung des Schwertkampfes hindeutet.