Göttingen. Mit 80 Veranstaltungen wird die Göttinger Eventreihe groß und vielfältig. Zu den bekanntesten Teilnehmern gehört Herta Müller.

Der Göttinger Literaturherbst wird in diesem Jahr so groß und vielfältig sein wie nie vorher. Vom 18. bis 28. Oktober soll es 80 Veranstaltungen geben, sagte Literaturherbst-Geschäftsführer Johannes-Peter Herberhold bei der Vorstellung des Programms. Die Lesungen, Gespräche und Vorträge werden während der elf Tage an 37 verschiedenen Orten angeboten und ausgerichtet. Das Programm wurde vom kleinen Team des Literaturherbstes erläutert, dazu gehören neben Herberhold Marie Varela, Christina Piljavec, Hanna Hovtvian, Gesa Husemann und Nina Hornig.

Auf die Frage, wie weit das Literaturfestival, das im vergangenen Jahr rund 20.000 Besucher zählte, noch wachsen will, sagte Herberhold: „Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Wenn der Zuspruch so bleibt, wollen wir es so halten.“ In diesem Jahr seien neue und viele kleine Spielstätten hinzugekommen.

Zu den eingeladenen Gästen gehören neben der deutschen Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller unter anderem Christoph Hein, Doris Dörrie, Ilja Richter und der norwegische Autor Jostein Gaarder. Zu den weiteren Höhepunkten zählen Veranstaltungen mit dem früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck, Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU), dem Liedermacher Wolf Biermann und dem Schauspieler, Musiker und Autor Ulrich Tukur.

„Wir sind auch politisch engagiert“

„Der Literaturherbst zeigt nicht nur Momentaufnahmen der Gegenwartsliteratur“, sagt Herberhold. „Wir sind auch politisch engagiert.“ Die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“, der 30. Jahrestag des Mauerfalls und der 50. Jahrestag der ersten Landung von Menschen auf dem Mond sollen auf verschiedenen Veranstaltungen thematisiert werden.

Am ersten Tag des Literaturherbstes, dem 18. Oktober, wird es neben einem Empfang im Hotel Freigeist gleich fünf Veranstaltungen geben. Ob sich Ottonormalbürger vom Talent der Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie eine Scheibe abschneiden können, soll ab 19 Uhr im Alten Rathaus herausgefunden werden. Die Zuhörer sollen nicht nur zuhören, sondern selbst schreiben. Zwei Stunden später drückt Dörrie der jungen österreichischen Autorin Vea Kaiser die Klinke in die Hand. Die studierte Altphilologin liest aus ihrem Buch „Rückwärtswalzer“.

Fontane-Ausstellung in Bibliothek

Der große Theodor Fontane, einer der bedeutendsten Literaten des 19. Jahrhunderts, steht am Sonnabend, 19. Oktober, im Fokus einer Ausstellung, die um 15 Uhr im Foyer des Zentralgebäudes der Universitätsbibliothek eröffnet wird. Gezeigt werden Bilder aus der Mark Brandenburg und Auszüge aus Fontanes Notizbüchern. Die Göttinger Uni unterhält übrigens eine Fontane-Arbeitsstelle. Im Alten Rathaus ist an diesem Abend ab 19 Uhr der Amerikaner Stewart O’Nan zu Gast. Er liest in englischer Sprache aus „Henry persönlich“, die Geschichte eines älteren Ehepaares. Und um 21 Uhr liest der heute noch unbekannte, dann frisch gekürte Träger des Deutschen Buchpreises im Alten Rathaus.

Das Team des „bedeutendsten Literaturfestivals in Norddeutschland“: Gesa Husemann, Nina Hornig, Geschäftsführer Johannes-Peter Herberhold, Marie Varela, Christina Piljavec und Hanna Hovtvian.
Das Team des „bedeutendsten Literaturfestivals in Norddeutschland“: Gesa Husemann, Nina Hornig, Geschäftsführer Johannes-Peter Herberhold, Marie Varela, Christina Piljavec und Hanna Hovtvian. © Niklas Richter

Kein Geringerer als der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck kommt am Sonntag, 20. Oktober nach Göttingen. Er stellt im deutschen Theater ab 11.15 Uhr sein Buch „Toleranz: einfach schwer“ vor. Nicht minder prominent dürfte der Schauspieler Ulrich Tukur sein, der an diesem Tag ab 17 Uhr sein Buch „Der Ursprung der Welt“ vorstellt, ebenfalls im Deutschen Theater. Um 20 Uhr wird an dieser Stätte der Liedermacher Wolf Biermann erwartet. Er hat den Erzählungsband „Barbara“ in der Tasche, in dem es um Künstler wie Hanns Eisler und Manfred Krug geht. Mit Biermann spricht Andreas Öhler, es liest Manuel Soubeyrand. Und das DT schließt an diesem Tag nicht die Pforten, bevor nicht der norwegische Schriftsteller Jostein Gaarder (Sofies Welt) mit der Journalistin Shelly Kupferberg über sein Buch „Genau richtig“ gesprochen hat. In deutscher Sprache gibt es eine zusammenfassende Übersetzung.

Mit Thomas de Maiziere kommt am Montag, 21. Oktober, der ehemalige Bundesinnenminister im Alten Rathaus ab 19 Uhr zu Wort. Auch er hat ein Buch geschrieben, „Regieren“ heißt es. Beim Problem Klimawandel hat die Politik versagt. So sehen das unter anderem die Mitstreiter von „Fridays for Future“. Ebenfalls am 21 . Oktober wird ihnen in der Lokhalle ein großes Podium gegeben. Mit dabei ist die Göttinger Studentin Luisa Neubauer. Thema: „Wir sind viele, wir sind laut“. Dass die neue tschechische Literatur für viele Deutsche ein böhmisches Dorf ist, wollen die Macher des Literaturherbstes ändern. Deshalb haben sie für Dienstag, 22. Oktober, Petra Soukupova und Michal Ajvaz eingeladen und zwar in das Literarische Zentrum Göttingen, Beginn 19 Uhr. Auch hier wird es eine zusammenfassende Übersetzung geben.

Ilja Richter liest

Warum ihm die Klänge einer Laute gute Laune bereiten, erzählt der Musiker Axel Wolf am Mittwoch, 23. Oktober, ab 19 Uhr, im Archäologischen Institut der Uni Göttingen, Nikolausberger Weg 15. Im Alten Rathaus wird an diesem Tag ab 19 Uhr Ilja Richter aus „Sonnenfinsternis“ von Arthur Koestler lesen, es geht um die politische Verfolgung unter Stalin.

Über seinen Landsmann Erik Fosnes Hansen sagt Jostein Gaarder, dass er ein brillanter Autor ist. In „Ein Hummerleben“ entwirft er eine Idylle, die zunehmend Risse zeigt, zu erleben ab 21 Uhr im Alten Rathaus. Gesa Husemann warnt: Danach werde niemand mehr Hummer mögen. Was auch nicht schlimm sei.

Emilia Smechowski, selbst ernannte „Strebermigrantin“, kam einst von Polen nach Deutschland. Dann kehrte sie nach Polen zurück, empfindet die politische Situation dort aber als irritierend. Was ist dort seit 1989 passiert? Darüber redet sie am Donnerstag, 24. Oktober, ab 19 Uhr, mit dem Leiter der Abteilung Kultur im Auswärtigen Amt, Andreas Görgen und zwar in der Göttinger Galerie Supplement. Am Freitag, 25. Oktober, treffen ab 18.30 Uhr im Alten Rathaus Christoph Hein und Szczepan Twardoch zusammen, zwei Stars der deutschen und polnischen Literaturszene.

In Sibylle Lewitscharoffs neuestem Roman treibt der Protagonist körperlos am Himmel über Berlin. Er sieht schärfer denn je das Schöne und das Fürchterliche. Die Büchner-Preisträgerin geht den Grundfragen der Menschheit nach, dem Leben, dem Sterben; 21 Uhr, Altes Rathaus.

Wie breit und vielfältig der Göttinger Literaturherbst in Stadt und Region vernetzt ist, zeigt die große Zahl der nahezu 100 Partner, darunter allein 16 Buchhandlungen, die das Festival unterstützen. Von Belletristik über Sachbuch, Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Kunst, Kritik, Einfache Sprache, Superstars und Debütanten, nationale wie internationale Größen der Literaturszene bietet der 28. Göttinger Literaturherbst einen vielfältigen Zugang für alle, die sich für Bücher und den offenen Dialog begeistern – davon sind die Organisatoren überzeugt.

Göttingens Kulturdezernentin Petra Broistedt sagt über diese Veranstaltung anerkennend: „Dieses vielfältige Programm spricht mich absolut an. Es wird gar nicht so leicht sein, aus dieser Fülle von Angeboten zu wählen. Ich freue mich, dass sich der Göttinger Literaturherbst zum bedeutendsten Literaturfestival in Norddeutschland entwickelt hat.“

Der Vorverkauf hat gestern begonnen. Tickets für die Veranstaltungen gibt es unter literaturherbst.com sowie bei allen an Reservix angeschlossenen Vorverkaufsstellen in Deutschland. Das Festivalbüro des Göttinger Literaturherbstes ist umgezogen. Tickets und Beratung zum Programm gibt es in der Göttinger Nikolaistraße 21.