Hildesheim. Das Theater Hildesheim spielt Adolphe Adams komische Oper „Wenn ich König wär’“ als bunten Comedy-Spaß mit prima Sängerinnen.

Die Prinzessin trägt zwar Knallrosa, aber ansonsten ist sie alles andere als ein Zierpüppchen. Sie geht nackt schwimmen, spricht den aktuellen Jugendjargon und fährt Inline-Skates, während sie großangelegte Koloraturen singt. Sonja Isabel Reuter setzt als Prinzessin Nemea in der turbulent-bunten Inszenierung von Adolphe Adamskomischer Oper „Wenn ich König wär’“ Maßstäbe in Gesang und Spiel. Ihr fülliger, dabei höchst flexibler Sopran, der mühelos die flotten Tonkaskaden durchläuft, ist eine Wucht. Und sie überzeugt daneben nicht nur sportlich, sondern auch als selbstbewusste Sängerin, wenn sie sich gegen das verordnete Lispeln und die Bevormundung durch einen Erzähler wehrt: „Ich bin das Opfer des Regietheaters.“

Was hat Regisseur Christian von Götz mit Adams Märchenspiel von 1852 in Hildesheim gemacht? Gegen seine comedyhafte Zuspitzung in Kostüm und Kulisse hätte man ja nichts, Märchenfiguren sind eben Typen, und die gibt’s auch heute. Von dem verträumt-gutmütigen Fischer Zephoris über seinen liederlich-faulen Schwager Pifear bis zum intriganten Prinzen Zadoor, der es auf die Hand der Prinzessin und die Macht abgesehen hat. Aber Götz führt eine misanthropische Erzählerfigur ein, die das an sich aufklärerisch-humanistische Parabelspiel zu einem Exempel über die Schlechtigkeit des Menschen machen soll.

Nur der misanthropische Erzähler nervt auf Dauer

Dafür übernimmt dieser Erzähler die Dialoge aller Figuren, als wären es seine Marionetten. Das macht Uwe Tobias Hieronimi mit einer Bandbreite zwischen Hessisch und Jugendsprech zwar prima, aber es nervt auf Dauer nicht nur die Sängerinnen und Sänger, wenn man sie nur die Gesten machen sieht. Zumal das Stück sowieso das Gegenteil beweist: Fischer Zephoris handelt als König für einen Tag gut und gerecht, nur die Korrupten wie der Strandvogt und Prinz Kadoor haben was zu befürchten. Wenigstens in der Märchenoper gewinnen sie nicht. Das gucken wir selbst schon mit gehöriger Skepsis, da braucht man uns keinen defaitistischen Erzähler vorzusetzen. Es lebe Adams und Rousseaus Glaube an die Menschheit! Das Happyend wird in Hildesheim denn auch nicht vorenthalten. Mit klarem, manchmal etwas stechendem Tenor erobert Yohan Kim als Zephoris die Prinzessin – über alle Standesschranken hinweg, aus Verdienst, denn er hat sie aus dem Meer gerettet. Schwimmen konnte sie dann doch nicht so gut wie Singen und Skaten.

Im Ensemble lässt auch Martha Matscheko als resolute Fischersfrau mit perlig-leichtem Sopran aufhorchen, ebenso der saubere Chor a cappella. Florian Ziemen gibt Adams mal festlich-große, mal heiter-kantable Musik sehr spritzig.

Wieder am 29. Oktober, 5., 22. November, 9. Dezember in Hildesheim, am 12. April im Scharoun-Theater Wolfsburg.