Braunschweig. Die Berliner Country-Partyrocker bieten 4500 Fans in der Volkswagen-Halle eine kraftstrotzende, lustvoll unzeitgemäße Show. Mit Finale alter Schule.

Wofür sind Cowboys gut? Zum Rinder hüten irgendwo im fernen, staubigen Westen, für Zigarettenwerbung, für rauchende Colts auf großer Leinwand, für ein Ideal von harter, cooler Männlichkeit, das schweigsam auf einem Weidezaun von gestern hockt, den Stetson tief ins Gesicht gezogen. Kann man alles nicht mehr richtig ernst nehmen, wenn man kein eingefleischter Redneck ist. Aber schön mit den Klischees spielen kann man schon. Und sie im Grunde sogar ganz reizvoll finden, um sich ein bisschen raubeinig abzusetzen von der durchregulierten, durchdigitalisierten, weich durchgespülten Moderne.

Zumal es einen eingängigen Soundtrack dazu gibt. Country Music. Ist zwar diesseits des Atlantiks auch nicht wirklich hip, aber man kann den traditionellen Sound und die klassischen Songstrukturen ja ein bisschen aufpeppen, mit satten Bässen und Gitarren, saftigen Beats und der Attitüde von Rockstars. Genau das ist die Erfolgsformel von The BossHoss. Vor 20 Jahren als originelle Club-Attraktion in Berlin gestartet, damals noch mit countryfizierten Cover-Versionen von Pop-Hits, füllt die Band um die Frontmänner Alec Völkel und Sascha Vollmer (beide 51) längst ausgewachsene Arenen. So Freitagabend auch die Braunschweiger Volkswagen-Halle - zumindest zu zwei Dritteln.

Stark: Die Bläserfraktion von The Boss Hoss in der Volkswagen-Halle.
Stark: Die Bläserfraktion von The Boss Hoss in der Volkswagen-Halle. © FMN | Bernward Comes

The BossHoss: Coole Tanz-Moves von der Bläserfraktion in Braunschweig

Unter den gut 4000 Fans wippen so einige Cowboyhut- und Westernstiefel-Träger zu den geraden, stampfenden Rhythmen. Im ersten Konzertdrittel dominieren rockige Nummern. Songs wie das Titelstück „Electric Horsemen“ des aktuellen BossHoss-Albums oder das etwas ältere Kraftpaket „I Keep On Dancing“ prägen rollende Bässe, pumpende Drums und verzerrte Gitarren.

Für den Country-Touch sorgt da vor allem die Optik der Band. Das Gros der zehn Musiker trägt breitkrempige Hüte, derbe Jeans oder auch seitlich mit Strassstreifen verzierte Uniformhosen - so die formidable Bläsertroika, die die geradlinig gebauten BossHoss-Titel mit blitzauberen Akzenten aufmöbelt oder ihnen eine charmante TexMex-Note beigibt. Mit schwarzen Sombreros, knappen, knackigen Soli und coolen synchronen Tanz-Moves machen Saxofonist, Trompeter und Posaunist richtig was her auf der stilvoll beleuchteten, dreistufigen Showbühne.

Mundharmonika-Spieler Malcolm Arison.
Mundharmonika-Spieler Malcolm Arison. © FMN | Bernward Comes

Ekstatisch: BossHoss-Percussionist Tobias Fischer

Und dann sind da natürlich die markanten Bassstimmen der beiden Frontmänner. Sascha Vollmer schlägt zugleich die Akustikgitarre und gibt den coolen, abgeklärten Barstuhl-Cowboy, Alec Völkel den extrovertierten, hutlosen, sonnenbebrillten Rampen-Zampano, der sich mit nacktem Oberkörper für ein Stagediver-Bad in die Menge stürzt. Bei „Do It“, einer weiteren beatlastigen Countryrocknummer, schießen Flammen aus den Bühnenpodesten.

„Du musst einfach machen / worüber du redest / Ich sage: Mach einfach / ohne Zweifel / Einfach machen“, verlautbart der englische Text ungefähr. Das trifft so ganz gut die lyrische Qualität und die Philosophie der BossHoss-Kracher. Die eine Botschaft lautet: Sei du selbst, auch wenn du ein Cowboy bist. Dann erst recht. Die andere Botschaft: Party. Ein bisschen unzeitgemäß und unterkomplex draufloszurocken, hat ja auch was Befreiendes. Starkes Bild dafür: wie Percussionist Tobias Fischer mit nackten Oberarmen in Cowboy-Kluft an der Bühnenkante ekstatisch einen Didgeridoo-großen Shaker schüttelt.

Party in der Volkswagen-Halle
Party in der Volkswagen-Halle © FMN | Bernward Comes

Bei „Don‘t Gimme That“ geht es ab

In der Konzertmitte treten Völkel, Vollmer und Co sanft auf die Bremse, mit einem Akustikteil, in dem sie auch mit ein, zwei Coversongs demonstrieren, dass sie die Countrytstandards beherrschen und ihnen auf ihre eigene, schnoddrige Weise neues Leben einhauchen. Multiinstrumentalist Malcolm Arison zeigt nicht nur da, was er an der Mundharmonika draufhat.

Zehn Alben haben The BossHoss mittlerweile herausgebracht, und sie picken sich überall ein paar Titel raus, auf der Konzert-Zielgeraden dann wieder rasante Nummern und Band-Hits wie „Don‘t Gimme That“ und „Dos Bros“. Die Fans vor der Bühne gehen begeistert mit. Den zweiten Zugabenblock beginnt Vollmer nach rund zwei Stunden solo mit der Ballade „Mary Marry Me“, mit starker, rauer Stimme und kraftvoll geschlagener Akustikgitarre.

The Bosshoss fischen Frauen

Dann covert die Band noch Cameos Rap-Klassiker „Word up“ in einer fetzigen TexMex-Version. Und fischt dazu einen ganzen Schwarm weiblicher Fans aus den ersten Reihen auf die Bühne. Ganz schön old school. Aber getanzt wird. Yee-haw!