Hannover. 15 Jahre nach seinem Solo-Debüt „Stadtaffe“ hat der Seeed-Frontmann mit „Love Songs“ nachgelegt. So klangen die neuen Titel live auf der Parkbühne.

Könnte man Coolness in Musik setzen, würde sie klingen wie Peter Fox. Also gemeint ist jetzt keine zwanghafte, verkrampfte, eisige Coolness. Sondern die Lässigkeit eines scheinbar absolut in sich ruhenden, groovenden Top-Musikers.

Peter Fox ist schon erste Liga, eigentlich sogar Champions-League, jedenfalls international. Kaum irgendwo klingt der Bass so fett wie bei dem 51-jährigen Berliner. Das war schon vor 20 Jahren so, als seine Stammband Seeed ihr erstes Album „New Dubby Conquerors“ herausbrachte. Ein Debüt, so dermaßen gut produziert, dass es Maßstäbe für zeitgemäßen Reggae-Sound setzte. Mit weitgehend auf Deutsch geschriebenen, lakonischen Texten. Super. Die nächsten zwei Seeed-Alben hielten das Niveau.

Beatbetont und ruppig. Berlinerisch eben

2008 kam dann „Stadtaffe“ heraus, das erste Soloalbum von Pierre Baigorry, wie Fox bürgerlich heißt. Auch ein Knüller, eingespielt größtenteils mit dem Filmorchester Babelsberg, trotzdem unheimlich beatbetont und ein wenig ruppig. Berlinerisch eben. Eine raue Neudefinition des urbanen Chansons.

15 Jahre hat es gedauert, bis Fox als Solokünstler nachlegte. Vor zwei Wochen, mit „Love Songs“. Nun ist er damit auf Tour. Eine der ersten Stationen: die Gilde-Parkbühne nahe dem Hannoveraner Stadion. Eine beschauliche Open-Air-Spielstätte im Grünen, mit einer Tribüne im Hintergrund. Mit 5000 Fans (ausverkauft) allerdings auch schon sehr ordentlich gefüllt. Man kommt sich nahe.

Schwer im Groove

Fox fängt nach zwei Einheizern gegen dreiviertel neun an (dabei darf er doch nur bis zehn spielen). Aber er ist sofort voll da - dieser satte, beatbetonte, ganzkörperlich massierende Sound. Die Rhythmen sind klar, aber prickelnd geschichtet. Überall plockert und plingt es, starkes analoges Schlagzeugspiel, dazu jede Menge elektronische Effekte, Keys, ein bisschen Gitarre und natürlich - B a s s. Dass die Graswurzeln beben.

Darüber swingt der lässige, sonore, ein Hauch schnoddrige Bariton des Frontmanns. Der sich in weit geschnittenen beigen Hosen und engem schwarzen Poloshirt schwer im Groove über die Parkbühne bewegt. Die markante Stimme liegt entspannt über den Rhythmen, klingt dabei aber nie schläfrig. Schmiegt gekonnt gebaute Sätze in unaufdringlicher, leicht gegentaktiger Spannung aneinander.

„Die Boutiquen sind so kalt, dass du frierst“

Während „Stadtaffe“ einen (auto)aggressiven, großstädtisch getriebenen Gestus hatte, kommen viele Songs des neuen Albums „Love Songs“, dem Titel gemäß, entspannter rüber. „Die Wut steht in der Tiefgarage / Und wartet drauf, dass ich sie fahre“. Doch das lyrische Ich steht „dem Universum nicht im Weg“, zieht „die weißen Fahnen hoch, okay“ („Weiße Fahnen“).

Im Song „Kein Regen in Dubai“ singt Fox extrem chillig von der Wohlstandswüste in teuren Hotels, „zehn Meilen Mosaik in den Gängen“, und der Einsamkeit der Geschäftsfrau, des Ingenieurs oder Touristen. „Die Boutiquen sind so kalt, dass du frierst“, basst er ins Mikro, „das Silvesterfeuerwerk ist perfekt / das Serviceteam, ein weißes Ballett / doch alle deine Freunde sind weit, weit weg.“

ZuschauerInnen auf der Bühne

Fox fängt mit neuen Songs an, streut dann zunehmend Titel seines ersten Solo-Albums, aber auch von Seeed mit ein. In der Konzertmitte holt er eine Reihe ZuschauerInnen auf die Bühne (man konnte sich offenbar vorab bewerben). „Wie bei allen Tour-Städten wollten zu 80 Prozent Frauen dabei sein“, erzählt Fox. Die Ladys und zwei Alibi-Kerle werden von ein paar professionellen TänzerInnen der Fox-Crew geschickt einbezogen und angeleitet. Auch Fox legt mit Co-Sänger Benji Asare jede Menge durchchoreografierte Moves vor. Es ist immer Bewegung auf der gut gefüllten Bühne, der Sound voll, aber durchhörbar, das Wetter top - es macht also richtig Spaß.

Kurz nach zehn ist dann allerdings schon Schluss, länger ist nicht erlaubt auf der Parkbühne. Als letzte Zugabe singt Fox seinen, man darf schon sagen: Klassiker „Haus am See“, in einer leisen, akustischen Version. Der Park summt mit.

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