Giovanni Funiati aus Göttingen spricht im Interview mit Felix Gräber über seinen aktuellen ZDF-Film, seine Herkunft und künftige Traumrollen.

Herr Funiati, in „Ein Sommer an der Algarve“ spielen Sie den deutsch-portugiesischen Surflehrer Miguel. Wovon handelt der Film?

Ich würde sagen es ist ein Film, in dem es um Liebe, Freundschaft und Veränderung geht.

Was verändert sich da?

Es verändern sich die Einstellungen zum Leben, die die verschiedenen Figuren haben. Miguel findet in Julika etwas, was er lange gesucht und nicht gefunden hat. Er fängt an sich zu binden. Das ist etwas, wovor er immer weggerannt ist, aus verschiedenen Gründen.

Was macht die Rolle Miguel aus?

Er ist jemand, der sehr viel rumgekommen ist und zwischen zwei Kulturen aufgewachsen ist. Er hat in Deutschland und Portugal gelebt und immer wenig Stabilität gehabt. Er hat einen großen Drang nach Nähe, glaube ich. Dieser Drang wird erfüllt durch Julika. Sie ist seit langer Zeit der erste Mensch, auf den er sich einlassen kann, weil die beiden sich ähnlich sind in manchen Aspekten und er ihr mehr vertraut als seinen bisherigen Beziehungen.

Sie wurden in Göttingen geboren, haben in Nizza und Italien gelebt. Können Sie sich dadurch gut in Miguel hinein versetzen?

Absolut, es geht beim Schauspiel für mich immer darum, Gemeinsamkeiten zu meiner Rolle zu finden. Das ist ein Überschneidungspunkt, auf jeden Fall. Ich bin in Göttingen aufgewachsen, dann mit elf weggezogen, war in Frankreich, und Italien. Ich kann gut verstehen, wie sich sowas anfühlt, was das mit sich bringt, das ständige Hin-und-Her-Ziehen. Das hat ganz viele positive, aber auch negative Aspekte.

Welche sind das?

Positiv ist die Öffnung, das Kennenlernen von vielen Dingen, das Sich-Zurechtfinden in allen möglichen Situationen und mit allen möglichen Menschen klarzukommen und sie zu verstehen. Dass man von einem Land in das nächste geht und die ganzen verschiedenen Mentalitäten in sich aufnimmt, und weltoffener ist. Negativ wäre das Fehlen eines festen Zuhauses. Ich glaube, das ist gerade im Kindes- und Jugendalter eigentlich extrem wichtig. Einen Ort zu haben, wo man sagt, hier bin ich zuhause.

Was teilen Sie und Miguel?

Vielleicht die Liebe zur Natur, die er auch hat. Seine Offenheit, und er lebt gerne. Wenn etwas ungerecht ist, dann würde er dagegen angehen, und das würde ich auch tun. Und sein Einsatz für den Umweltschutz. Er glaubt natürlich nicht, dass er die ganze Welt damit rettet, sondern er versucht, im Kleinen etwas zu bewegen und zu tun – wie jeder von uns das machen kann –, kleine Veränderungen herbeizuführen. Das finde ich richtig und gut.

Wobei identifizieren Sie sich nicht mit Ihrer Rolle?

Was ich nicht teile, ist diese Unentschlossenheit, dieses Hin und Her, auch zwischen verschiedenen Frauen. So bin ich nicht. Nicht zu wissen, wohin mit mir, das kenne ich in der Form nicht. Ich weiß ziemlich genau, was ich möchte, da bin ich klarer als er.

Was ist Ihnen von den Dreharbeiten besonders in Erinnerung geblieben?

Ich hatte insgesamt eine sehr schöne Zeit. Wir waren ein cooles Team, haben uns super verstanden. Das ist immer wichtig. Ich hatte auch eine Bekanntschaft außerhalb der Dreharbeiten, die mir besonders wichtig ist. Außerdem habe ich etwas Surfen gelernt und kann jetzt immerhin auf dem Brett stehen. Das ist auch das Coole am Schauspielberuf, dass man immer dazulernt, es kommt einfach bei der Arbeit an der Rolle. Das Tolle an dieser Arbeit ist, man hat immer lange Tage, so 12 bis 13 Stunden, aber es fällt einem gar nicht auf. Die Arbeit ist auch hart, das darf man nicht vergessen. Aber das ist wie bei allem, das man gerne macht, es fühlt sich nicht so an. Das ist ein Geschenk. Es ist das Coolste, was ich mir vorstellen kann.

Gibt es markante Orte im Film, die vielleicht auch der ein oder andere Urlauber wiedererkennen kann?

Sicherlich, wir haben in Ferragudo gedreht, das ist ein bekanntes Fischerstädtchen. Menschen, die viel in der Algarve sind, erkennen das sicherlich. Die Häuser, die Farben, das hat schon Wiedererkennungswert.

Wie ist die Beziehung zwischen Miguel und Julika?

Da ist erst Freundschaft, später werden sie auch ein Liebespaar. Es ist eben ein Herzkinofilm, da ist meist ziemlich klar, dass da etwas ist, das über Freundschaft hinausgeht.

Wie lief die Zusammenarbeit mit Bea Brocks, die Julika spielt?

Es hat Spaß gemacht. Ihr Mann war mit in Portugal, ihn habe ich auch kennengelernt. Wir haben uns gut verstanden und gut zusammengearbeitet.

Sie sind nach ihrem Abschluss an der Schauspielschule jetzt am Staatstheater in Stuttgart. Wie läuft Ihr Engagement dort?

Ich bin dort als Gast. Ich habe mein letztes Jahr an der Schauspielschule als außerordentliches Ensemblemitglied am Staatstheater Stuttgart verbracht. Jetzt arbeite ich frei, um auch drehen zu können, spiele aber weiterhin noch in zwei Stücken. Danach schaue ich, wie es weitergeht. Das weiß man nie.

Was wünschen Sie sich, wie es professionell weitergehen soll?

Ich würde mir wünschen, meine Sprachen nutzen zu können, in meinen drei Ländern arbeiten zu können: in Frankreich, Deutschland und Italien. Ich möchte gerne europäischer arbeiten, das Potenziel gibt es in Europa, wenn man die Sprachen spricht. Das ist, glaube ich, generell auch wichtig, europäischer zu denken, nicht nur national.

Was macht Ihnen mehr Spaß: Vor der Kamera zu spielen oder live auf der Bühne?

Ich liebe beides, beides hat seine absoluten Vorzüge. Ich möchte im Moment mehr Film machen, ohne das Theater aufgeben zu müssen. Im Theater bist du live im Moment und hast ein Publikum, jede Vorstellung ist einzigartig. Im Film ist alles etwas geplanter. Es geht mir aber ums Schauspiel: Es ist das selbe Überprüfen für sich selbst, das selbe Herausfinden. Im Idealfall ist die Essenz, dessen, was ich gebe und mache, dieselbe, bloß in einer anderen Form.

Haben Sie eine Rolle, eine Richtung, was sie auf jeden Fall einmal spielen wollen?

Eine Traumrolle wäre so etwas, was in Richtung Joker geht, ein Soziophat. Mich in so jemanden herein zu versetzen, das finde ich interessant.

Ledger oder Phoenix?

Phoenix. Aber beide haben ihre absolute Berechtigung, beide sind großartig. Das ist nicht miteinander vergleichbar.

Wann und wie wussten Sie, dass Schauspielern für Sie das Richtige ist?

Ich habe immer schon viele Filme geguckt und immer eine große Liebe zum Film gehabt. Ich habe mich von klein auf damit zugeballert und immer viel Blödsinn gemacht. Als Jugendlicher habe ich dann amateurmäßig ein bisschen Theater gemacht. Das war dann irgendwie klar, dass ich das machen möchte.

Den Film „Ein Sommer an der Algarve“ zeigt das ZDF am Sonntag, 27. Oktober, um 20.15 Uhr. In den Hauptrollen spielen Bea Brocks, Giovanni Funiati, Caroline Junghanns, Matthias Schloo.