Bayreuth. In Feridun Zaimoglus neuem Stück bei den Bayreuther Festspielen erscheint Siegfried Wagner als kindliche Seele im Familienkorsett.

Mal im Kleid, mal in Rüstung, die zwei Seelen des Siegfried Wagner sind in diesem Monolog über Richard Wagners umstrittenen Künstlersohn klar umrissen. Kleid oder Rüstung, Hauptsache Verkleidung könnte man ergänzen, denn das war wohl das eigentliche Ich, das dritte (auch Geschlecht). Feridun Zaimoglu hat sich im Auftrag der Bayreuther Festspiele aus Anlass des 150. Geburtstags Siegfried Wagners mit dem Komponisten und Festspielleiter befasst und einen spannenden, auf zwei Schauspieler verteilten inneren Monolog erdichtet, der immer wieder Originalzitate Siegfrieds und seiner Zeitgenossen integriert. Ehefrau Winifred etwa, Hitlers Busenfreundin, kommt zu Wort. In der klangmächtigen Inszenierung von Philipp Preuß wird daraus ein rauschhaft-theatrales Kinderspiel, als turnten die Gespenster der Geschichte hier in dem auratischen Spielort des abgewrackten Reichshof-Kinos rum.

Vorbei die Zeiten, als der gern ausgelassen albernde Vater Richard mit Sohn Siegfried, den Töchtern und Hunden im Garten seiner Villa Wahnfried herumtollte. Cosima, „die Cosi-Mama“, sorgt für Contenance. „Vater Kultur, Mutter Militär“, bringt es Zaimoglu auf den Punkt. Und es ist noch nicht ausgemacht, was die freie Entfaltung des Sohnes mehr beeinträchtigt hat. Der Übervater? Die Übermutter? Ohne Gürtel um die Taille ging es jedenfalls nicht: „Denn die Seele muss ins Korsett, sonst wird sie leichter als Luft“, so Zaimoglus Siegfried. Und kaum war die Mutter tot, starb auch Siegfried, 1930, mitten in „Tannhäuser“-Proben.