Wien. Bei Abfall-Vermeidung und Wiederverwertung können Verbraucher einiges bewirken.

Müll? Gibt es eigentlich gar nicht. Zumindest nicht, wenn man dem Prinzip von „cradle to cradle“ (c2c) folgt. „Danach beinhaltet jedes Produkt Materialien, die als Nährstoffe gesehen werden“, erklärt Christiane Varga vom Zukunftsinstitut Österreich. Vorbild sei die Natur: „Wenn ein Baum seine Blätter verliert, müssen sie nicht entsorgt werden, sondern gehen wieder in den Boden über und werden letztlich weiterverwendet.“ Ein perfekter Rohstoffkreislauf also, der sich auch bei menschengemachten Produkten anwenden lässt – wenn sie denn richtig gemacht werden.

Tim Janßen vom Verein Cradle to Cradle erklärt: „Es geht um Qualität und Innovation. Und ein ganz anderes Bild von der Gesellschaft.“ Das sei nach bisheriger Sicht von Umweltschützern oft zu negativ. „In der Nachhaltigkeitsdebatte hat sich ein Menschenbild eingeschliffen, das sagt, am besten wären wir gar nicht da“, erklärt Janßen. „Meist dreht es sich darum, weniger zu tun, weniger zu nutzen, und natürlich den Fußabdruck zu reduzieren. Es gibt aber kein einziges Lebewesen auf der Welt, das CO2-neutral ist.“

Natürlich sei Ressourceneffizienz wichtig. „Aber wenn wir nur über Effizienz reden, dann reden wir nur über den Weg und nicht über das Ziel.“ Entsprechend lautet das c2c-Motto: „Sei ein Nützling, kein Schädling.“ Andere Lebewesen seien zahlreicher vertreten als Menschen. Die Biomasse aller Ameisen auf der Welt zum Beispiel sei viermal so groß wie die der Menschen. „Aber ihre Lebensweise ist positiv und fügt sich ein in ein System.“

Um den Rohstoffkreislauf auch im Wirtschaftssystem in Schwung zu bringen, muss man viele Produkte neu denken. So kann man ein Haus als feststehendes Gebäude betrachten oder als Materiallager, das gerade mehreren Menschen Obdach bietet. „Wir müssen unsere Materialien ja nicht so verbauen, dass wir sie nie zurückbekommen“, sagt Janßen. „Wenn ich weiß, was ich habe, kann ich das irgendwann demontieren und für etwas anderes verwenden.“ Oder Bestandteile recyceln. Dann sei auch entscheidend, dass das Produkt nur aus einem Stoff hergestellt wird oder eine sortenreine Trennung möglich ist, denn das erleichtert die Weiterverwertung.

Ein Aspekt ist auch die Infrastruktur. Genau hier hapert es häufig, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. So sei es derzeit vereinzelt schick, aus alten Europaletten Möbel zu machen oder auch alte Möbel aufzuarbeiten und weiterzuverkaufen. In der Breite aber sei der Trend nicht bedeutend.

Ein Aspekt betrifft nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft eines Möbelstücks: „Aus Produkten mit Dekor- oder Laminatfolie kann man am Ende des Lebenszyklus nichts mehr machen, nicht einmal Pellets“, erklärt die Branchenexpertin. Sie landen im Sondermüll.

Auch bei allen anderen Anschaffungen, sei es nun ein Sofa oder der Haushaltsreiniger, lohnt sich eine Portion Skepsis, sagt Janßen. „Sie können auf jeden Fall Fragen stellen: Ist das Produkt gesund für mich? Ist es danach noch nützlich oder kommt es auf den Müll? Und wie geht es den Leuten, die es hergestellt haben?“

Der Gedanke des „cradle to cradle“ dürfte sich ausbreiten. „Derzeit brechen viele traditionelle Strukturen auf“, sagt Trendanalystin Varga. Und Janßen berichtet aus der Industrie: „Wir sehen, dass Unternehmen sich Schritt für Schritt in diese Richtung entwickeln, mit 10- oder 15-Jahres-Plänen.“ dpa