Braunschweig. Die Kosten sind massiv gestiegen und nicht mehr tragbar, sagt Eigentümerin Nadine Schinn. Sie geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Das „Café am Nibelungenplatz“ macht dicht. Nach 13 Jahren schließt Nadine Schinn ihren Traum von der Selbstständigkeit ab. Für immer. „Die Kosten laufen mir davon“, sagt sie. Schon im vergangenen Monat musste sie Geld zuschießen. „Das kann nicht funktionieren“, macht sie deutlich.

Allein für die Butter habe sie zuletzt im Großhandel über drei Euro pro Stück bezahlt. „Ohne Mehrwertsteuer“, sagt die 36-Jährige. Und da sie alle Kuchen selbst backt, treffen die Preiserhöhungen sie unmittelbar. „Es ist ja nicht nur die Butter, es sind die Eier, das Obst, einfach alles“, sagt sie. Und mit Blick auf die Strom- und Gaskosten im Herbst haben sie und ihr Mann Stefan die Reißleine gezogen.

Neue Perspektive: Servicekraft im Braunschweiger VW-Werk

Stefan schon zwei Jahre vorher, bis dahin war der gelernte Kfz-Mechaniker mit im Café. Dann kam Corona. Und die kleine Familie, Sohn Moritz ist jetzt 16 Jahre alt, brauchte mehr Sicherheit. Stefan Schinn, lange Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr, konnte bei der Berufsfeuerwehr anfangen.

„Ein Riesenglück für uns“, sagt seine Frau, „ein spannender Beruf, Stefan ist so begeistert, er hat Moritz angesteckt, der Junge möchte auch unbedingt zur Berufsfeuerwehr“, erzählt die Mutter. Auch sie hat sich nach einer Alternative umgesehen. Und da Fachkräfte fehlen, musste sie nicht lange suchen. „Ich werde Servicekraft im VW-Werk“, freut sie sich.

Nadine Schinn ist im Hotel Nord aufgewachsen und hat im Landhaus Seela gelernt

Sie ist mit der Gastronomie aufgewachsen. „Meine Großeltern betrieben damals das Hotel Nord, ich habe dort meine Kindheit verbracht“, erzählt sie. Nach der Schule absolvierte sie eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau im Landhaus Seela. „Ich habe noch bei dem Seniorchef gelernt“, erzählt sie stolz, „das war super, Zuckerbrot und Peitsche“, fügt sie lachend hinzu, „ich habe viel gelernt.“ Im Anschluss war sie im Wendenturm angestellt. „Auch das war eine schöne Zeit“, blickt sie zurück.

Der Traum von der Selbstständigkeit war von Anfang an da. „Ich habe meine Lehre begonnen mit dem Gedanken: Irgendwann hast du etwas Eigenes“, weiß sie noch genau.

Das „Café am Nibelungenplatz schließt nach 13 Jahren. „Die Kosten laufen uns davon“, sagt Eigentümerin Nadine Schinn.
Das „Café am Nibelungenplatz schließt nach 13 Jahren. „Die Kosten laufen uns davon“, sagt Eigentümerin Nadine Schinn. © Ingeborg Obi-Preuß

„Die 13 Jahre waren eine großartige Zeit, aber es waren auch 16-Stunden-Schichten“

Und das ergab sich 2010. „In der Zeitung habe ich eine Anzeige gelesen, dass das Café hier einen Nachfolger sucht“, erzählt sie. „Stefan und ich waren uns sofort einig“, weiß sie noch. Die Entscheidung fiel schnell.

Jetzt fiel sie schwer. Aber – es gibt das berühmte lachende und weinende Auge. „Die 13 Jahre waren großartig“, sagt Nadine, „aber es war auch sehr viel Arbeit, 16-Stunden-Schichten waren normal.“ Wenn sie nicht beim Einkaufen oder im Café war, stand sie in der Küche und backte ihre berühmten Torten. „Meistens nachts“, erzählt sie.

Ihr kleines Team an Aushilfen hat sie dabei kräftig unterstützt. „Fiona, Anika, Anna-Lena und Josephine“, zählt sie auf, „zwei Schülerinnen und zwei Studentinnen, die mir großartig geholfen haben“, lobt die Chefin den Einsatz der jungen Mädchen.

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Mahnung vom Großvater: „Gib kein Geld aus, das du nicht hast“

Das Ehepaar Schinn ist clever, hat gut gehaushaltet. „Wir haben keine Kredite, keine Leasingverträge“, zählt sie auf, „das hat mir mein Großvater schon beigebracht: Gib kein Geld aus, das du nicht hast.“

Ganz klein haben sie angefangen, sind gewachsen. Und sie konnten über die Jahre das Café vom Vorbesitzer abbezahlen. „Jetzt ist es unser Eigentum“, sagt Nadine stolz. Sie wollen neu vermieten. „Eher nicht für die Gastronomie“, schränkt sie ein, „wir wissen, wie schwer es ist, und wir wollen uns ja auf die Mieteinnahmen verlassen können.“

Auf dem Grundstück am Nibelungenplatz sind noch zwei Geschäfte aktiv, zwei kleinere stehen schon leer. „Wir sind uns einig“, sagt Nadine, „wenn eine Wohnungsbaugesellschaft hier ein Haus planen möchte, wir würden verkaufen.“

Nadine Schinn (Mitte) und ihre Stammgäste Manuela Seiler-Mucha und ihr Mann Helmut Mucha.
Nadine Schinn (Mitte) und ihre Stammgäste Manuela Seiler-Mucha und ihr Mann Helmut Mucha.

Weh tut der Abschied auf jeden Fall. Alle paar Minuten kommen Stammgäste vorbei, bringen Pralinen, wollen sich persönlich verabschieden. „Wir wohnen seit einem Jahr an der Ottenroder Straße“, erzählt zum Beispiel Manuela Seiler-Mucha. Sie ist mit ihrem Mann aus Lagesbüttel im Landkreis Gifhorn ins Siegfriedviertel gezogen. Als echte Eintrachtfans sind sie häufig im Stadion und auf dem Weg hin oder zurück fast immer im Café am Nibelungenplatz. „Wir sind schon traurig“, sagt Manuela, „das hinterlässt eine große Lücke.“