Solihull. Der feine Lord fürs Grobe bekommt erstmals einen Steckdosenanschluss. Doch die Konkurrenz ist schon ein ganzes Stück weiter.

Als er vor mehr als 40 Jahren auf den Markt kam, hat er noch den Trend gesetzt: Denn als Marken wie BMW oder Audi noch gar nicht wussten, wie man SUV überhaupt schreibt, geschweige denn wie man so ein Auto als Luxusgut vermarket, war der Range Rover schon Oberklasse für den Landadel. Doch jetzt laufen die Briten plötzlich dem Trend hinterher. Denn während die Konkurrenz durch die Bank weg bereits Plug-in-Hybride am Start hat und gerade die ersten rein elektrischen Geländewagen vorbereitet, beginnt die Elektrifizierung bei Land Rover erst jetzt: Ab dem Frühjahr gibt es Range Rover und Range Rover Sport deshalb zum ersten Mal mit Steckdosenanschluss.

Der E-Motor kommt mit dem schweren Wagen gut zurecht

Dafür kombinieren die Briten die im Achtgangautomaten integrierte E-Maschine mit dem Benziner, auf den sie aktuell am stolzesten sind. Nein, nicht mit dem famosen 5,0-Liter-Kompressor, der in seiner ganzen Dekadenz so gut zu dem Luxusliner passt und ihn für den Alltagsadel so einzigartig macht, sondern mit dem Vierzylinder-Ingenium-Motor, den sie in ihrer neuen Fabrik bauen und in mittlerweile fast allen Modellen von Jaguar und Land Rover einsetzen. Schließlich müssen die Briten irgendwie von ihrem

verboten hohen CO2-Ausstoß herunter.

Und eine schlechte Wahl ist der 2,0-Liter ganz bestimmt nicht. Immerhin pressen ihm die beiden Turbos stolze 300 PS/220 kW ab, und zusammen mit den 116 PS/85 kW der E-Maschine hat der Antrieb selbst mit dem immerhin 2,5 Tonnen schweren Prunkschiff buchstäblich leichtes Spiel. Wozu schließlich wuchten die beiden Motoren zusammen bis zu 640 Nm auf die Kette?

Selbst der Stromer allein kommt gut mit dem Schwergewicht zurecht: Solange man bei den Fahrprogrammen den E-Modus vorwählt oder das breite Fahrpedal mit Samtfüßen streichelt, surrt Sir Range mit einer majestätischen Ruhe durch die Stadt, die perfekt zum luxuriösen Auftritt und Ambiente des Wagens passt. My Car is my Castle – selten hat man sich in einem SUV derart der Welt entrückt gefühlt wie im elektrifizierten Range.

Und die elektrische Entrückung währt nicht nur im Stadtverkehr. Selbst durch den Schlamm kann man sich mit Strom wühlen. Wer die in der Theorie versprochenen 51 Kilometer Reichweite möglichst schnell reduzieren und danach mit dem im Kofferraum verbauten 13-kWh-Akku für fast drei Stunden an die Steckdose will, versucht sein Glück am besten auf der Autobahn, wo der E-Motor noch bis weit jenseits von 100 Sachen mitspielt.

Flüsterleise, politisch korrekt, mit 64 g/km ein Segen für die Flottenstatistik und mit einem rechnerischen Verbrauch von 2,8 Litern sparsamer als ein Mini Countryman mit Dieselmotor – also alles richtig gemacht beim elektrifizierten Range? Leider nein. Denn die gewählte Kombination mag zwar die vernünftigste sein, aber ganz sicher nicht die vergnüglichste. So richtig imposant sind weder die 6,8 Sekunden von 0 auf 100 noch das Spitzentempo von 220 km/h. Und Vernunft ist ein Argument, das bei Range-Rover-Kunden vermutlich am wenigsten verfängt. Denn wie sollte man sonst den Kauf eines übergewichtigen, überdimensionierten Luxusliners erklären, der in allem und überall so viel besser ist als jeder seiner Fahrer und auf jedwedem Terrain weiter kommt, als irgendjemand je möchte? Das Einzige, was da noch ziehen könnte, ist der Preis. Denn der ist mit 136 100 Euro so unsittlich, wie man es bei diesem Auto erwartet. Nur der V8-Kompressor ist teurer.

So mögen die Briten bei diesem Auto zwar dem Gebot der Stunde gefolgt sein, doch haben sie zugleich einen großen Fehler gemacht. In Zeiten, in denen Porsche beim Panamera und demnächst auch beim Cayenne gleich zwei Hybride anbietet und einen davon statt mit sechs mit acht Zylindern aufrüstet, hätte auch Land Rover in die Vollen gehen und den Achtzylinder mit Kompressor als Partner wählen sollen. Das hätte zur Idee von Überfluss und Luxus gepasst und trotzdem einen Anstrich von Vernunft gehabt.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Schließlich haben die Briten gerade versprochen, dass in den nächsten Jahren alle Baureihen elektrifiziert werden.