Wolfenbüttel. Der Betreiber BGE ist „alarmiert“ und ratlos. Im schlimmsten Fall sickert die Lauge in die Kammern mit den radioaktiven Abfällen.

Das Atommüll-Lager Asse bei Wolfenbüttel bereitet dem Betreiber großes Kopfzerbrechen. Der Grund: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) weiß nicht, wohin plötzlich die etwa 12 Kubikmeter Wasser pro Tag sickern.

Da das alte und marode Salzbergwerk in Bewegung ist, fließen schon seit vielen Jahren durch kleine Risse jeden Tag etwa 12 Kubikmeter Wasser ins Innere. Die BGE hat extra eine zentrale Auffangstelle unter Tage eingerichtet. Doch seit Anfang März kommt hier immer weniger an. Am Donnerstag waren es nur noch 6,3 Kubikmeter. Das Wasser bahnt sich also mittlerweile einen anderen Weg.

BGE-Chefin Iris Graffunder sagte unserer Zeitung: „Es ist nicht vollkommen planbar, wie sich der Berg entwickelt. Durch diese starke Veränderung des Wasserzutritts sind wir alarmiert.“ Die BGE-Chefin redete Klartext: „Das heißt, das Wasser bleibt irgendwo anders. Das beunruhigt uns“, sagte Graffunder.

So viel Wasser sammelt die BGE an der zentralen Auffangstelle ein.
So viel Wasser sammelt die BGE an der zentralen Auffangstelle ein. © FMN | Jürgen Runo

Die BGE ist beim fehlenden Wasser im Atommüll-Lager Asse auf Ursachenforschung

Die BGE-Chefin erklärte: „Die Hauptauffangstelle dient ja dazu, dass das Wasser nicht irgendwo im Berg verschwindet oder sogar im schlimmsten Fall in die Einlagerungskammern mit den radioaktiven Abfällen läuft.“ Das sei zwar noch nicht der Fall, Graffunder sprach aber von einer „Dringlichkeit“. Sie sagte: „Wir sind auf Ursachenforschung. Wir haben eine Folie in der Hauptauffangstelle, die wir untersuchen. Das Problem ist: Darauf liegen Tonnen von Geröll. Die müssen wir wegräumen, um die Folie zu inspizieren und Rückschlüsse ziehen zu können. Oder wir graben uns drunter durch und schauen von unten.“

Beides wird allerdings Zeit in Anspruch nehmen. Die 12 Kubikmeter Wasser entsprechen in etwa 50 Badewannen. BGE-Fachleute haben immer wieder davor gewarnt, dass sich der Wasserzutritt jederzeit so stark verändern kann, dass ein sicherer Betrieb des Bergwerks nicht mehr möglich ist. Die Rückholung des Atommülls müsste in dem Fall sogar abgebrochen werden.

Bürgerinitiative erkennt beim Atommüll-Lager Asse Fehler der BGE

Heike Wiegel von der Bürgerinitiative „Aufpassen“ erkennt hausgemachte Fehler der BGE. Sie sagte auf Anfrage, dass es ein Fehler gewesen sei, die Tunnel vor den Kammern mit dem Atommüll zu verfüllen. Jetzt komme die BGE nicht mehr überall hin. Die BGE hat das gemacht, um das alte Bergwerk zu stabilisieren. Wiegel sagte: „Vor der Kammer 12 gab es einen kontaminierten Laugenteich. Dass die Lauge sich jetzt einen Weg in die Kammern bahnt, ist auf jeden Fall möglich.“

In dem ehemaligen Bergwerk bei Wolfenbüttel liegen in 13 Kammern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Weil das Wasser eindringt, muss das Lager geräumt werden. Es gibt den gesetzlichen Auftrag, die Asse so schnell wie möglich stillzulegen. Zuständig für die Rückholung ist die BGE mit Sitz in Peine. 2033 soll mit der Rückholung begonnen werden. Allein bis zum Start kalkuliert die BGE mit Kosten von weit mehr als drei Milliarden Euro.