Braunschweig. Starke Umsatzeinbußen und keine Kehrtwende in Sicht: Nach 25 Jahren verabschiedet sich der Biofachmarkt an der Hagenbrücke.

Seit 25 Jahren gibt es den „Guten Morgen Bioladen“ am Standort Hagenbrücke. Am 30. September öffnet er zum letzten Mal seine Türen. Starke Umsatzeinbußen hatten das Geschäft bereits im Vorjahr in Bedrängnis gebracht. Ebenso wie die Schließung des Fleischtresens im Februar 2023, die vom Ordnungsamt aufgrund eines fehlenden Fleischermeisters angeordnet worden war. „Für das Geschäft war das der größte Knackpunkt in diesem Jahr“, sagt Inhaber Jonathan Viedt. Der Umsatz sei bis Juli im laufenden Jahr um über 24 Prozent zurückgegangen. „Seit der Übernahme in 2019 war ich auf der Suche nach einem Fleischermeister. Ein absoluter Mangelberuf, bei dem sich die Fachkräfte die Stelle aussuchen können – und das gut bezahlt. Da konnte ich leider nicht mithalten“, so Viedt.

Verbunden ist er mit dem „Guten Morgen Bioladen“ an der Hagenbrücke seit 21 Jahren: „2002 habe ich meine Ausbildung hier gestartet, danach habe ich mein Abitur nachgeholt und studiert, dann kam ich zurück und nach anderthalb Jahren Wiedereinarbeitung habe ich 2019 das Geschäft übernommen.“ Mit der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und der Inflation sah er sich einem anhaltend negativen Trend gegenüberstehen. Gemeinsam mit seinem Team habe er dennoch versucht, das Geschäft durch Wiederaufbau eines Bistro-Angebotes zu stärken. Doch die gewünschte Trendwende sei nicht eingetreten: „Allein in den vergangenen anderthalb Jahren habe ich nochmal 26.000 Euro investiert und dennoch seit Anfang dieses Jahres ein Minus von 18.000 Euro verbucht.“

Unwetter mit Starkregen im Sommer legt Lastenaufzug lahm

Was noch obendrauf kam: Nach dem Unwetter mit Starkregen im Sommer sei der Lastenaufzug ausgefallen und anschließend vom Vermieter stillgelegt worden, so Viedt. Damit bestehe kein barrierefreier Zugang mehr zu den Kellerräumen, in denen sich neben der Pfandabwicklung und Warenannahme auch das Kühlhaus für Obst, Gemüse und Milchprodukte sowie die Tiefkühltruhen für Backwaren befinden. Dadurch entstehe jeden Tag ein deutlicher Mehraufwand bei den Arbeitsabläufen.

„Eine derart negative Entwicklung in zwei aufeinanderfolgenden Jahren war für mein kleines und junges Unternehmen schwer zu stemmen“, sagt Viedt. Er habe bereits im Sommer des vergangenen Jahres Personal abgebaut, um seine Fixkosten zu senken. Von 14 Mitarbeitenden Anfang 2022 seien aktuell noch 6 beschäftigt. „Davon sind alle schon lange dabei – bis auf unsere Auszubildende, die nun von der IHK weitervermittelt wird. Darum habe ich mich sofort gekümmert“, so der Unternehmer. Das Personal habe er bereits Anfang 2023 darüber informiert, dass er nicht genau wisse, wie es weitergehen wird. Als der Entschluss dann feststand, habe er die Mitarbeiter als erstes eingeweiht. „Grundsätzlich hätte ich auch allen ein früheres Ausscheiden ermöglicht, doch alle, die noch da sind, bleiben bis zum Schluss. Dafür bin ich sehr dankbar!“

Jonathan Viedt sagt, er habe noch keinen Plan B.Ich weiß noch nicht, wie es für mich hinterher weitergeht.“ Zunächst wolle er sich auf die Abwicklung des Betriebes konzentrieren. „Ich hoffe, dass ich das ohne Privatinsolvenz lösen kann. Bisher kann ich noch alle Rechnungen bezahlen“, ist er optimistisch. „Ich habe einen Berater, der mir dabei mit Rat und Tat – auch rechtlich – zur Seite steht. Das ist sehr hilfreich und das würde ich auch jedem empfehlen, der vor so etwas steht.“

Als letzten Versuch des Auswegs habe er sich auch noch an die Stadt Braunschweig gewandt und gefragt, ob es Fördermittel für langjährige Bestandsunternehmen, die ins Wanken gekommen sind, gibt. Leider habe man ihm dort jedoch nicht weiterhelfen können. Der Mietvertrag für den Ladenraum laufe eigentlich noch drei weitere Jahre. Eine außerordentliche Kündigung sei an den Vermieter herausgegangen.

Im „Guten Morgen Bioladen“ in der Schunterstraße geht es weiter

„Mit dem ,Guten Morgen Bioladen‘ in der Schunterstraße sind wir im Herzen vereint, doch die Geschäfte sind rechtlich getrennt“, so Viedt. Der dortige Inhaber Wilfried Blume, der zunächst ebenfalls eine Schließung seines Geschäftes ins Auge gefasst hatte, hat sich nun entschlossen, den Bioladen zunächst doch für mindestens zwei Jahre aus dem Hintergrund weiterzuführen: „Es ist nicht mehr so, dass ich aus wirtschaftlichen Gründen schließen muss. Wären die Geschäfte gleichbleibend wie vor einem Jahr, sähe das anders aus. Diese Phase ist jedoch vorüber – das hat sich wieder stabilisiert“, sagt Blume. Nun hofft er, innerhalb der nächsten zwei Jahre einen Nachfolger zu finden, dem er den Betrieb übergeben kann. Aus dem Verkauf im Ladengeschäft in der Schunterstraße wolle er sich selbst ab sofort gänzlich zurückziehen.