Braunschweig. Seit mehr als 40 Jahren verkauft Wilfried Blume Bio-Lebensmittel – vom selbst gemischten Müsli in den Anfangstagen bis zum breiten Sortiment.

Er ist Pionier in Sachen Bio-Lebensmittel: Seit mehr als vierzig Jahren versorgt Wilfried Blume die Braunschweiger mit Bio-Ware. 2023 feierte er seinen 70. Geburtstag und hatte sich eigentlich schon aus dem aktiven Geschäft verabschiedet. Doch einen Nachfolger für seinen Guten-Morgen-Laden an der Schunterstraße im Östlichen Ringgebiet hat er bisher nicht gefunden. Und durch die angespannte Lage, eine Kaufzurückhaltung unter anderem infolge der Inflation und somit sinkende Umsätze, muss er selbst wieder stärker mithelfen: neben Buchhaltung und Datenpflege arbeitet er wieder halbtags im Laden.

Dabei war eigentlich alles schon geplant: Jonathan Viedt, der 2019 seine zweite Filiale an der Hagenbrücke übernommen hatte, wollte in diesem Jahr eigentlich auch das Geschäft an der Schunterstraße übernehmen, in dem Blume vier Mitarbeiter beschäftigt. Doch auch Viedt musste im vergangenen Jahr starke Umsatzeinbußen hinnehmen, er bangt um die Existenz seines Ladens. An Erweiterung ist da nicht zu denken.

In der Anfangszeit mischte Blume das Müsli selbst – in der Babybadewanne

Das Bedürfnis, sich selbstständig zu machen, sei allgemein geringer geworden, beobachtet Blume. Ende der 1970er Jahre sei das für ihn selbst anders gewesen. Aus Überzeugung baute er etwas auf, das es in unserer Region damals noch gar nicht gab: Einen Laden, in dem nur Bio-Ware angeboten wurde. „Die heutige Vielfalt von Bioprodukten kannte man nicht im Entferntesten“, sagt Blume. „Die Zeit damals war davon geprägt, dass die Kunden etwas kaufen wollten, das es gar nicht gab.“

Zwar gab es beispielsweise die Bio-Marke Demeter bereits seit Mitte der 1920er Jahre. Und auch Bioland war Anfang der 1970er Jahre gegründet worden. Doch wer Bio-Brot verkaufen wollte, der habe selber backen müssen, und wer Bio-Müsli im Regal anbieten wollte, der mischte eben selbst. Und das machte Blume auch, in der Babybadewanne zu Hause. Dort packte er es auch ab und beschriftete die Tüten.

Als Teeladen fing der Guten-Morgen-Laden an

Zuerst machte Wilfried Blume das als Mitbegründer des Lindenhofs Eilum im Landkreis Wolfenbüttel für seinen Bioladen „Kornblume“ in Wolfenbüttel. Den hatte er mit der Freundin eines Mitbewohners vom Lindenhof eröffnet. Dass er mal einen Bioladen führen wurde, war keineswegs vorgezeichnet. Blume hatte eine Ausbildung zum Elektriker bei der Salzgitter AG absolviert, arbeitete danach im Stahlwerk und entschied sich mit Anfang 20, das Fachabitur zu machen und Sozialpädagogik in Braunschweig zu studieren. Eineinhalb Jahre arbeitete er anschließend in einer Jugendwohngruppe. Als alleinerziehender Vater suchte er ein alternatives Leben. Das fand er in der Gründung des Lindenhofs.

Damals war er selbst Kunde des Guten-Morgen-Ladens, der an der Geysostraße lag und noch ein anderes Konzept hatte als heute. Seine spätere Frau Sigi lernte er dort kennen. 1979 hatte sie einen Teeladen gegründet, in dem es auch Kleidung und Naturkosmetik gab. Als Blume zwei Jahre später einstieg, wuchs das Lebensmittelsortiment. Das kam an und der Laden vergrößerte sich: 1992 eröffneten Sigi und Wilfried Blume eine zweite Filiale an der Schunterstraße, ein Jahr später zog der Laden von der Geysostraße an die Hagenbrücke um. Seit 2002 führte Wilfried Blume die Läden allein, seine Frau wurde Klassenlehrerin in der Waldorfschule.

„Ich empfinde es als Glück, meiner Vision von Nachhaltigkeit nachgehen zu können“

Blume sagt: „Die mehr als 40 Jahre, die ich im Biohandel mit recht hohem Engagement verbracht habe, waren zwar immer wieder mit großen, manchmal existenziellen Herausforderungen verbunden, aber dennoch empfinde ich es als Glück, hier bis heute meiner Vision von Nachhaltigkeit nachgehen zu können und für mich und meine Familie eine ausreichende Lebensgrundlage geschaffen zu haben.“

Und mehr noch, der Laden in der Schunterstraße sei ein Treffpunkt. „Die Eltern schicken ihre Kinder und wissen, dass die Kinder bei uns gerne gesehen sind. Das hat einen gesellschaftlichen Wert.“ Die Einbindung in das Quartier sei das Besondere und auch das Tragfähige.

Wie es nun weitergehe, sei ungewiss, so Blume. Gerne würde er sich selbst im Verkauf ersetzen, um mehr Zeit mit seinen Enkelkindern verbringen zu können. „Doch dafür müsste ich 15 Prozent mehr Umsatz machen.“ Ob er nun einen Nachfolger findet, oder eventuell gar eine Genossenschaft eine Möglichkeit wäre, den Laden weiter zu führen – ganz verabschieden wird er sich nicht. Die Ladenfläche gehört ihm. Und: „Die Miete ist in meine Rente einkalkuliert, sie soll Teil meiner Alterssicherung sein.“

Es gebe wenige, die so lange durchgehalten hätten wie er, sagt Blume. „Am schwersten wäre es, den Laden leerräumen zu müssen.“ Er wünscht sich, dass seine Arbeit fortgeführt wird.

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