Braunschweig. Die Künstlerin Mia Florentine Weiss besuchte ihre berühmte Skulptur in Braunschweig. Was sie mit ihrer Kunst sagen will.

Kunst ist systemrelevant, ist Lebenselixier.
Mia Florentine Weiss, Künstlerin

Es heißt, ihr Kunstwerk gehöre zu den weltweit meistfotografierten im öffentlichen Raum – und tatsächlich ist das Ambigramm „Love/Hate“ der Berliner Künstlerin Mia Florentine Weiss in Braunschweig so umringt wie sonst nur die „Alltagsmenschen“ von Laura und Christel Lechner, die derzeit in der Innenstadt für Freude, Fotomotive und Diskussionsstoff sorgen.

Love/Hate“ hingegen ist ein klar definiertes politisches Statement. Beidseitig lesbar. Liebe und Hass. Zwei Pole, zwei Seiten. Die Künstlerin will inspirieren, den Hass in der Welt in Liebe zu verwandeln, und hat nun ihre humanistische Botschaft auch ganz persönlich nach Braunschweig getragen. Die Aufstellung der Skulptur im Februar hatte sie aus Termingründen nicht miterleben können. „Sie ist ein Zeichen, das jeder Mensch versteht“, sagt sie bei ihrem Besuch. Noch bis 17. September ist „Love/Hate“ in Braunschweig zu sehen. Über den Planeten sind inzwischen 31 gleichartige Kunstwerke an festen Standorten verteilt. Weitere wandern weiter.

Das Kunstwerk gehört zum Schlossmuseum

Präsentiert wird die Skulptur im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung „Liebe! Beziehungsstatus: kompliziert“, die im Schlossmuseum zu sehen ist. „Die Ausstellung zu den Liebesbeziehungen der Braunschweiger Herzöge wird durch die moderne Kunst ergänzt“, erklärt Museumsleiterin Helga Berendsen. Nach Braunschweig kam das kontrastierende Kunstwerk auf Initiative und mit Unterstützung der Richard Borek Stiftung.

„Kunst ist systemrelevant, ist Lebenselixier“, meint Mia Florentine Weiss. Wie wichtig die Kunst fürs Leben sei, merke man meist erst dann, wenn sie weg sei. „Bilder, Skulpturen, Comics: All das ist geistige Nahrung.“ Kunst im öffentlichen Raum sei für jedermann zugängig, benötige kein pädagogisches Rahmenprogramm und sei ganz und gar barrierefrei. Ihr gehe Bildung über alles, betont sie. „Lieber zu viel als zu wenig.“

„Love/Hate“ wiegt 1,5 Tonnen

Die Künstlerin, die inzwischen für einen längeren Aufenthalt in die USA gereist ist, liebt Streetart und hat auch nichts dagegen, dass jemand ein kleines Graffito auf ihre Skulptur gesprüht hat. „Ich würde in Schulen alle Räume, Gänge und Toiletten von Künstlern gestalten lassen“, appelliert sie an die Verantwortlichen, mehr Mut und Kreativität zu zeigen.

1,5 Tonnen wiegt jedes ihrer „Love/Hate“-Kunstwerke. Schwer kaputtzukriegen. „Mit Zerstörungen hatte ich noch nie Probleme.“ Dass die Betonfiguren der Lechners offenbar leichtere Beute für Zerstörungswütige sind, bedauert sie. „Es ist nie gut, Kunst zu zerstören.“

Seit 2015 ist die Skulpturen-Idee in der Welt

Die „Love/Hate“-Skulptur sorgt seit 2015 für Gesprächsstoff. Anlässlich einer Einzelausstellung war sie als permanentes öffentliches Kunstwerk vor dem Senckenberg Museum in Frankfurt installiert worden. 2018 war die gleiche Arbeit mehrere Monate vor dem Siegestor in München aufgebaut. Zum Instagram-Hit und Touristenmagneten wurde sie später auch in Berlin, Prag, Brüssel, Moskau, Washington, Chicago.

Das Kunstwerk kann gekauft werden

Die Stadt Goslar hat eine der Skulpturen im vergangenen Jahr gekauft. Das könne auch Braunschweig haben, erklärt die Künstlerin augenzwinkernd. Zum Schnäppchenpreis: 75.000 Euro statt 150.000. Vielleicht finde sich ja ein Geldgeber.

Am Ende des Besuchs gibt uns Mia Florentine Weiss noch einen Gedanken mit auf den Weg: „Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass.“ Was dann? „Gleichgültigkeit“, sagt sie.