Ilmenau. Die Braunlager nehmen für ihre Spiele mit den Kickelhahn Rangers aus Ilmenau jede Menge Kilometer auf sich – doch der Aufwand lohnt sich.

Fünf Braunlager Freunde fahren 155 Kilometer im Mondeo nach Ilmenau, um dort zwei Stunden in der Landesliga Thüringen Eishockey zu spielen und dann gleich wieder zurück. Das Ganze nicht nur einmal, sondern mindestens zehn Mal im Jahr. Hinzu kommen genauso viele Auswärtsspiele, einige Übernachtungen, alles auf eigene Kosten. Gibt’s nicht? Doch!

Nun schon in der zweiten Saison packen sie auf ihren Wochenendausflügen die großen Sporttaschen, die je drei Schläger, Torwartschoner und was man sonst noch so braucht in den schwarzen Ford von Tobias Pietsch. Dann wird’s eng. Hinten drei, vorn zwei. Navigator an, los geht’s von Niedersachsen an den Nordrand des Thüringer Waldes. Am Steuer sitzt der 28-jährige Goalie Tobias Pietsch. Der ist sowas wie der Chef des Harzer Falken-Quintetts. „Er managt die Fahrten, bucht Unterkünfte und ist per WhatsApp immer auf dem Laufenden, was Spiele, Absagen oder Treffzeiten angeht, da brauchen wir uns kaum zu kümmern, er hat alles im Blick“, so Joshua Heister, der den finnischen Zweitvornamen Väinö trägt.

Späte Abfahrt, voller Kofferraum

Sonntag, nach dem leider 4:7 verlorenen Spiel gegen die Hurricane-V2 aus Erfurt, ist es schon fast 21.30 Uhr, als auf dem Parkplatz hinter der Ilmenauer Eishalle alle fünf Braunlager mit vereinten Kräften ihre viel zu prallen Taschen in den Kofferraum stopfen. „Wir sind spät dran. Unterwegs wollen wir noch etwas essen, nach fast zwei Stunden Autofahrt, gegen halb eins sind wir dann zuhause. Und morgen geht es dann ganz normal wieder zur Arbeit oder in die Schule. Wir machen das, weil wir uns riesig verstehen und Eishockey lieben“, so der „Chef“ Tobias Pietsch.

Wie kam es eigentlich dazu, dass Braunlager Eishockey-Spieler im fernen Ilmenau anheuerten? Florian, der zwei Jahre ältere der beiden Pietsch-Brüder, erklärt: „Das war eher zufällig. Da unsere beiden Vereine Ilmenau und Braunlage im Nachwuchs eine Partnerschaft pflegen und es keine zweite Mannschaft bei den Harzer Falken gibt, wurden wir angesprochen. In Ilmenau gäbe es zu wenig Spieler, ob wir nicht Lust hätten, auszuhelfen. Irgendwie abenteuerlich. Aber wir hatten Lust darauf“, erinnert sich der 30-jährige Florian Pietsch schmunzelnd.

So machten sich die Pietsch-Brüder gemeinsam mit Joshua Heister (23), Maximilian Deisting (19) und Maximilian Stadel (18) zunächst probeweise auf nach Thüringen. „Ganz ehrlich, ich habe zuvor nichts von Ilmenau gewusst, außer dass einige Nachwuchsmannschaften von uns mit ihnen auf Wettkampfreise gehen.“ Und nach einem ersten Kennenlernen beim Auswärtsspiel in Halle folgte am 2. Dezember 2018 die Premiere in Ilmenau gegen die Erfurt Mammuts. „Wir waren von der schönen Halle überrascht. Vieles war ungewohnt, aber wir sind sehr gut aufgenommen worden“, so Maximilian Stadel.

Boxenstopp auf dem Fußballplatz

Schwieriger war die erste Rückreise dann. Weil sie für einen Boxenstopp bei Nordhausen von der Bundesstraße abgefahren sind, verloren erst die Fünf, dann auch noch ihr Navigator völlig die Orientierung. Joshua Heister: „Wir sind ein ganzes Stück in die falsche Richtung gefahren und dann führte uns das Navi auch noch direkt auf einen Fußballplatz. Wir standen hinter einem Fußball-Tor. Wo wir genau waren, wissen wir bis heute nicht.“

Schnell wurde alles eingespielter. Auch ohne Training in Ilmenau passt es immer besser zusammen. Heister: „Wir trainieren daheim mit unserer Ersten, die Jüngeren auch im Nachwuchs. Die taktische Marschroute bei den Kickelhahn Rangers gibt es vor dem Spiel im Schnelldurchlauf vom Trainer oder auch per WhatsApp meist von Alf Buchheim. Ist nicht ganz optimal, funktioniert aber. Außerdem sind wir jetzt über ein Jahr zusammen, da kennt man sich.“

Dennoch haben die Braunlager Talente auch Unterschiede festgestellt. Maximilian Stadel: „Jede Mannschaft trainiert anders. Bei uns in Braunlage wird noch mehr Wert auf Bewegung, Positionskämpfe und Laufwege gelegt.“

Zu gern würden die Fünf deshalb häufiger in Ilmenau bei den Kickelhahn Rangers mittrainieren. Tobias Pietsch: „Hin und wieder wäre das schon wichtig auch möglich, aber die Trainingszeiten am späten Abend sind bei einem 160 Kilometer entfernten Wohnort dann doch in der Woche nicht machbar.“ Auch wechselseitige Trainingslager sind kaum möglich. In erster Linie durch die zahlreich im Team vertretenen, immer wieder unterschiedlich geforderte Studenten.

Übernachtung in Jugendherberge

Erstaunlich ist auch, dass die Fünf sich am letzten Doppelspieltag-Wochenende selbst in der Ilmenauer Jugendherberge einmieteten. „Wir hatten das Angebot, bei Spielern einzeln übernachten zu können, aber wir wollten gern zusammen sein“, so Florian Pietsch. Die Kosten für ihre Punktspiel-Ausflüge nach Ilmenau – hin und zurück immerhin 300 Kilometer – bestreiten die Niedersachsen selbst. Tobias Pietsch: „Wir teilen die Benzinkosten einfach immer durch fünf. Das machen auch andere so. Die Ilmenauer Spieler bezahlen ihren Mitgliedsbeitrag, davon sind wir befreit. Wir lieben Eishockey und wir spielen gern für Ilmenau.“

Geht es nach den fünf Braunlager Eishockey-Cracks, wird das auch in der nächsten Saison so sein. Aber einen Wunsch hätten die Harzer dann vielleicht doch noch an ihre beiden Partnervereine zu richten. Maximilian Deisting: „Ein Spiel der Regionalliga-Männer der Harzer Falken gegen die Kickelhahn Rangers mit uns, das wär’s!“ Bei so vielen Gemeinsamkeiten beider Verein, sollte das kein Problem sein und irgendwie in jeden Terminkalender passen...