Berlin. Die Deutsche Bahn bietet noch mehr Züge zu Flughäfen. Viele Fluggäste nutzen die Verbindungen. Warum Schnelligkeit hier wichtig ist.

Der Verkehr ist im Umwelt- und Klimaschutz das große Sorgenkind. Schadstoffe von Autos und Lastwagen mit Verbrennungsmotoren sowie Kerosin aus Flugzeugen tragen maßgeblich zur Kohlenstoffdioxid-Belastungen bei – und schaden damit der Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger. Die Verlagerung von Passagier- und Güterverkehren auf die klimafreundlichere Schiene wäre deshalb ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität, sind sich viele Experten einig. Und der Umstieg läuft.

So hat die Luftfahrtbranche mit der Deutschen Bahn vor zwei Jahren eine Allianz geschlossen, die beiden Verkehrsmittel stärker zu Gunsten der Bahn zu vernetzen. Rund 50 Airlines bieten ihren Kunden das Rail Fly-Angebot an, das Passagiere mit der Bahn zu den Flughäfen befördert.

Eng kooperiert die Bahn mit der Deutschen Lufthansa. Über Lufthansa Express Rail können Flugziele mit Verbindung zu 24 deutschen Städten in einem Ticket gebucht werden, sieben Städte mehr als noch 2019. Zudem hat sich die Zahl der Zugverbindungen zum Frankfurter Flughafen pro Tag von 135 auf 240 Fahrten fast verdoppelt.

Deutsche Bahn: Krisen verändern das Fahrverhalten

„Wo Luftfahrt und Bahn kooperieren, verzeichnen wir zweistellige Wachstumsraten“, berichtet Michael Peterson, DB-Personenfernverkehrsvorstand. Bereits im Oktober 2021 befand sich die Nachfrage für die Zubringerdienste zum Frankfurter Flughafen auf dem Niveau der Vor-Krisenjahre und konnte 2022 weiter um 25 Prozent gesteigert werden. Seit dem Fahrplanwechsel wurde das Sitzplatzangebot erneut um 60 Prozent erhöht. Wie viele Inlandsflüge deshalb wegfallen, ist jedoch nicht bekannt.

„2022 hat die Bahn an Bedeutung gewonnen. Neben dem gestiegenen Umweltbewusstsein haben die Folgen der Pandemie, Krieg und Inflation das Reiseverhalten verändert“, sagte Peterson. „2022 haben deutlich mehr als 100 Millionen Menschen den Fernverkehr der Deutschen Bahn genutzt. 2021 waren es nur 81 Millionen.“ Die Krisen ermunterten zum Umdenken. Neben Privatreisenden nutzen auch wieder mehr Geschäftsreisende die Schiene. Ein Grund dafür seien auch Unternehmen, die ihre Reiserichtlinien anpassen und auf die Bahn setzten.

Hintergrund: Deutsche Bahn: Pünktlichkeit so schlecht wie seit 2010 nicht

Bahn: Sprinter-Strecken verzeichnen ein deutliches Nachfrageplus

Die Bahn ist immer dann besonders attraktiv, wenn sie Städte schnell verbindet. Das gilt für die Strecke Hamburg – Berlin, wo es bereits seit Jahren keine Flugverbindungen mehr gibt. Die schnellen Verbindungen zwischen den Metropolen verzeichneten laut Bahn im vergangenen Jahr ein Nachfrageplus von 45 Prozent gegenüber 2019.

Mit der Bahn zum Flugzeug: Statt eines Inlandsflugs nutzen viele Menschen auch die Bahn auf dem Weg zum Flugzeugdrehkreuz Frankfurt/Main.
Mit der Bahn zum Flugzeug: Statt eines Inlandsflugs nutzen viele Menschen auch die Bahn auf dem Weg zum Flugzeugdrehkreuz Frankfurt/Main. © dpa | Christoph Schmidt

Insbesondere Sprinter-Angebote, die Großstädte mit wenigen Zwischenhalten verbinden, werden von mehr Reisenden genutzt. Insgesamt gibt es elf Sprinterlinien – darunter Hamburg – Hannover – Frankfurt, Berlin – Köln/Bonn oder Dortmund – Frankfurt. Wenn es gelinge, die Verkehrsträger intelligent zu vernetzen, „gewinnen wir mehr Menschen für klimafreundliche Mobilitätsketten“, ist Peterson überzeugt.

Ausbau und Erneuerung des Schienennetzes der Bahn wichtig

Wichtig dafür sei aber auch der weitere Ausbau und die Erneuerung der Schieneninfrastruktur, sagte Jost Lammers, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). So müsste beispielsweise der Flughafen München besser an den Bahn-Fernverkehr angebunden werden.

Einige Verbesserungen sind geplant. So verkürzt beispielsweise die 60 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsstrecke Wendlingen-Ulm die Fahrzeiten zwischen Stuttgart und München. Wichtig sei auch die Fertigstellung von Stuttgart 21 im Jahr 2025 für die bessere Anbindung des Flughafens Stuttgart.

„Wir brauchen mehr schnelle Verbindungen und einen Ausbau der Schieneninfrastruktur“, sagte auch der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, dieser Redaktion. „Alle Strecken, die mit der Bahn unter drei bis vier Stunden erreicht werden, werden gerne als Flugersatz akzeptiert.“ Allerdings werde sich beim Neubau von Strecken in den nächsten zehn Jahren in Deutschland nicht viel tun.

Pro Bahn: Ausbau der Flughafenzubringer hat Vor- und Nachteile

Gleichzeitig sieht Naumann gerade bei Flughafen-Bahnzubringern Vor- und Nachteile. „Es ist gut, wenn durch schnelle Bahnverbindungen innerdeutscher und innereuropäischer Flugverkehr vermieden wird. Wenn schnelle Bahnverbindungen zu Flughäfen die Menschen jedoch animiert, mehr Fernflüge zu buchen, dann ist dies kontraproduktiv“, so Naumann.

Klar ist aber auch: Die Menschen bleiben reisefreudig und sehnen sich gerade nach der Pandemie nach Urlaub – auch im Ausland. So bauen die Fluggesellschaften nach dem Einbruch durch die Corona-Pandemie ihre Verkehre kontinuierlich aus. Zwischen Februar und Juli 2023 bieten die Fluggesellschaften von, nach sowie innerhalb Deutschlands für 116 Millionen Passagiere Flüge an – und damit 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies entspricht rund 80 Prozent des Flugangebots von 2019 vor der Pandemie. Vor allem Langstrecken und touristische Ziele werden wieder häufiger angeflogen.

Zurückhaltender sieht es im Inland aus. Zwar wird auch hier der Flugverkehr wieder aufgestockt, aber deutlich langsamer, berichtete BDL-Chef Lammers. Der innerdeutsche Luftverkehr liegt im ersten Halbjahr 2023 bei rund 56 Prozent des Niveaus von 2019. Hier spiegelt sich ebenfalls ein Trend zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. Auch insgesamt mache der innerdeutsche Flugverkehr aktuell nur 8,8 Prozent aller Flüge aus. Die meisten Flüge – 75,6 Prozent – entfallen auf Kurz- und Mittelstreckenziele, 15,6 Prozent sind Langstreckenflüge. Ziele, die nur schwer per Bahn erreichbar sind.

UnternehmenDeutsche Bahn AG
Gründung1. Januar 1994
GründungsstadtBerlin
EigentümerBundesrepublik Deutschland