Berlin. Rückschlag für die Ukraine: SpaceX schränkt militärische Nutzung von Satelliten ein. Warum Elon Musk seine schützende Hand zurückzieht.

Starlink-Satelliten könnten die Ukraine gerettet haben. Zumindest waren sie im Krieg gegen Russland eine große Hilfe. Jetzt aber will das Unternehmen des US-Milliardärs Elon Musk die militärische Nutzung endgültig einschränken. Es ist der vorläufige Endpunkt einer Entfremdung.

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Musk, der zu Beginn der russischen Invasion an der Seite von Präsident Wolodymyr Selenskyj stand, geht seit Monaten auf Distanz zur Regierung in Kiew. Was steckt dahinter? Geht es um Geld oder Politik?? Wie hart trifft der technische, finanzielle und politische "Liebesentzug" die Ukraine? Die wichtigsten Fragen im Überblick:

Was ist Starlink und wie funktioniert es?

Ein kommerzielles Satellitennetzwerk, das die Internet-Nutzung sicherstellt – weltumspannend, schnell, einfach zu installieren. Man braucht ein Terminal mit einer Antenne. Im Orbit sind etwa 3500 Starlink-Satelliten in einer Höhe von etwa 550 Kilometern, also relativ niedrig.

Wie sehr ist die Ukraine auf Musks Weltraum-Firma SpaceX angewiesen?

Die Ukraine hatte drei Vorteile. Erst einmal konnten die Telekommunikations- und Energieinfrastruktur online bleiben konnten – trotz der russischen Luftangriffe. Zweitens waren die Satelliten im Ukraine-Krieg auch militärisch von Vorteil: Mit ihrer Hilfe konnte man Drohnen und andere Waffensysteme steuern. Drittens hat Musk lange Zeit den Dienst gesponsert. Militärhilfe für lau.

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Wie wichtig sind Musks Satelliten für die Ukraine?

Der Militärexperte Franz-Stefan Gady vom Londoner Institute for International Strategic Studies (IISS) nannte Starlink in einem ntv-Interview eine "Lebenslinie für schnelle ukrainische Gegenschläge". Die Satelliteneinheiten ermöglichten es, sehr schnell das Gefechtsfeld aufzuklären und verschiedene Elemente und Einheiten miteinander zu koordinieren. Sie seien für die Zielerfassung der Artillerie enorm wichtig.

Wie machen sich die Militärs Starlink im Gefecht zu Nutze?

Drohnen überwachen die russischen Stellungen und streamen ihre Videos live zum Artillerie-Kommandoposten, der ein Ziel gegebenfalls unter Feuer nimmt. "Der Vorgang läuft innerhalb weniger Minuten ab", so Militärexperte Gady, "ohne Internet, ohne Mobilfunknetz würde das viel länger dauern".

Hat Musk den Dienst einfach abgestellt?

Das kann man daraus schließen, dass die ukrainischen Soldaten zuletzt schon zunehmend Probleme mit dem System hatten. Ihre Vermutung, dass SpaceX die militärische Nutzung des Internets bereits eingeschränkt hat, wurde indirekt bestätigt. "Es gibt Dinge, die wir tun können, und die wir auch getan haben", sagte SpaceX-Präsidentin Gwynne Shorwell. Die Versorgung mit dem Netzwerk sei "nie für den Einsatz mit Waffen gedacht" gewesen, erklärte sie dem "Wall Street Journal".

Wie können sich die Ukrainer aushelfen?

Kurzfristig: gar nicht. Allerdings verwenden längst andere Systeme zumindest als Back-Up. Und es ist wohl kein Zufall, dass die USA in diesen Tagen versprochen haben, der Ukraine mehr und besser bei der Koordination von Angriffen zu helfen. Im Klartext: Mit militärischen Satelliten.

Warum ließ Musk die faktische Militärhilfe abstellen?

Schauen wir uns mal die Nutzungsbedingungen an. Dort heißt es, Starlink sei nicht für den Einsatz mit offensiven oder defensiven Waffen oder anderen vergleichbaren Endanwendungen konzipiert oder vorgesehen. Managerin Shorwell stellt klar, "man bietet ein kommerzielles Produkt an, um Menschen zu verbinden, was in Konflikten hilfreich ist, aber man muss auch vorsichtig sein, wie es genutzt wird".

Geht es Musk um Geld oder steht er unter Druck?

Fakt ist, dass Russland gedroht hatte, kommerzielle Satelliten ins Visier zu nehmen, die im Krieg eingesetzt werden. Fakt ist auch, dass Musk schon im Oktober beklagt hatte, sein Engagement werde ihm zu teuer. Die Rede war von 20 Millionen US-Dollar im Monat. Schon damals schrieb das Unternehmen dem US-Verteidigungsministerium, man sei nicht in der Lage, weitere Terminals an die Ukraine zu spenden. Laut Musk gibt es in der Ukraine rund 25.000 Terminals zur Nutzung seiner Satelliten. Der ukrainische Präsident Selenskyj stellte damals via Twitter die Frage, auf wessen Seite Musk stehe. Der antwortete, dass er "die Ukraine immer noch sehr unterstütze“, aber eine "massive Eskalation“ befürchte.

Ärgert sich der Milliardär, weil die Ukraine seinen "Friedensplan" nicht ernst nimmt?

Zu Musks ökonomischen Kalkül könnte noch ein weiteres Motiv hinzukommen. Musk bezweifelt, dass die Ukraine gewinnt. Russland habe drei Mal so viele Einwohner wie die Ukraine. "Daher ist ein Sieg der Ukraine im totalen Krieg unwahrscheinlich", twitterte er. Der Milliardär plädierte dafür, dass die Ukraine nicht der Nato beitritt, Russland die Krim überlässt, im Donbass unter UN-Aufsicht ein Referendum abhält und mit Kreml-Chef Wladimir Putin verhandelt. Klemmt er die Ukraine von seinen Satelliten womöglich deswegen ab, weil sie seinen "Friedensplan" ablehnt?

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