Berlin. Bei der Bahn stehen Tarifverhandlungen für rund 180.000 Beschäftigte an. Es droht ein zäher Arbeitskampf – mit Folgen für Bahnkunden.

Auf die Deutsche Bahn kommen harte Tarifrunden zu. Für die Kunden bedeutet ist, dass die Gefahr von Streiks in diesem Jahr wieder steigt. Schlimmstenfalls sogar gleich zwei Mal. Das Unternehmen handelt ab Ende Februar zunächst mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einen neuen Tarifvertrag aus.

Voraussichtlich im November beginnen dann die Gespräche mit der Lokführergewerkschaft GDL. „Wir stehen vor einer schwierigen und intensiven Tarifrunde“, erläutert Personalvorstand Martin Seiler und hofft, dass Arbeitskämpfe vermieden werden können.

Bahn: Es droht gleich doppelte Streikgefahr

Die EVG hat noch keine Forderungen erhoben. Die Gewerkschaft beschließt am 7. Februar, wie viel mehr Geld sie von den Arbeitgebern will. Doch bescheiden wird die Wunschliste sicher nicht ausfallen. Verhandlungsführer Kristian Loroch kann sich einen Mindestbetrag von 500 oder 600 Euro vorstellen. Dazu käme dann wohl noch eine prozentuale Erhöhung der Entgelte. Damit läge die Forderung schnell im zweistelligen Prozentbereich. „Einmalzahlungen machen wir nicht mit“, versichert Loroch, „die Menschen brauchen dauerhaft mehr Geld.“

Die Bahn zeigt sich zu einer spürbaren Entgelterhöhung bereit. Doch mahnt Seiler eine Berücksichtigung der Situation der Bahn an, die in einem kräftigen Wandel steckt. So wollen die Arbeitgeber gerne einen Teil der Erhöhung als Einmalzahlung durchsetzen. Das Konflikt ist an dieser Stelle vorprogrammiert. Auch bei der Laufzeit liegen Bahn und EVG auseinander. Die Gewerkschaft will zwölf Monate vereinbaren, das Unternehmen 24 Monate. Auf ein langes Vorgeplänkel will sich die EVG nicht einlassen. „Wir erwarten sofort ein verhandlungsfähiges Angebot“, stellt Loroch klar. Bleibe dies aus, werde es schnell zu einer Reaktion kommen. „Ich erwarte ein heißes Frühjahr“, sagt der Gewerkschafter.

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Öffentlicher Dienst könnte als Blaupause dienen

Der letzte Abschluss in der Hochzeit der Corona-Pandemie brachte den Beschäftigten nur ein geringes Plus und war bei den EVG-Mitgliedern deshalb umstritten. Nun geht die Gewerkschaft erstmals unter dem neuen Vorsitzenden Martin Bungert in die Verhandlungen. Eine Besonderheit der Terminlage könnte der EVG zugute kommen. Am kommenden Dienstag starten die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst.

Dort fordern Verdi und der Beamtenbund 10,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Gemeinsame Aktionen der drei Gewerkschaften sind schon angekündigt. Ein hoher Abschluss im öffentlichen Dienst, der für Ende März angepeilt wird, könnte als Blaupause für die Bahn dienen.

Gewerkschaft beklagt hohe Fluktuation und Überlastung

Das Unternehmen steht auch aus anderen Gründen unter Druck. Die Bahn will auch in diesem Jahr rund 25.000 neue Leute einstellen. Gute Entgelte seien dafür die Voraussetzung, sagt Loroch. Die EVG beklagt eine hohe Fluktuation unter den Mitarbeitern und eine Überlastung vieler Beschäftigter.

Die Kompromissbereitschaft der Gewerkschaft erscheint daher begrenzt. Die EVG hat sich viel vorgenommen. Sie will parallel zu den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn mit 50 Wettbewerbsunternehmen verhandeln und einen einheitlichen Abschluss durchsetzen.