Berlin. Nach einem Jahr leuchtet die Ampel nur matt. Ja, diese Bundesregierung erlebt Krisen wie keine zuvor. Aber dafür gibt es keinen Bonus.

Es war der überraschendste Moment, bevor die Koalitionäre zusammenfanden: Am 28. September posteten Christian Lindner, Volker Wissing, Annalena Baerbock und Robert Habeck ein Foto aus den Verhandlungen. Die designierten Partner wirkten nicht wie Politikprofis, sondern wie alte Freunde.

Zwischen dem Foto von 2021 und heute liegen zwölf Monate, die die Protagonisten in die Realität zurückgeschleudert haben. Zwischen Grün und Gelb liegen immer noch Welten und der dominierende rote Teil muss darum kämpfen, dass die Ampel betriebssicher leuchtet.

Erstes Ampel-Jahr: Der Druck ist gewaltig

Jörg Quoos ist Chefredakteur der Funke Zentralredaktion.
Jörg Quoos ist Chefredakteur der Funke Zentralredaktion. © Dirk Bruniecki

Die schlechten Umfragen für die Regierung sind nicht schön, aber man könnte sie drei Jahre vor der nächsten Wahl ignorieren. Problematischer ist der tiefe Dissens, der immer wieder aufbricht und nur brachial zu klammern ist. Schon wegen drei Monate Laufzeit der Atomkraftwerke musste der Kanzler die Richtlinienkompetenz herausholen, um sich durchzusetzen.

Man muss kein Paar-Experte sein, um vorauszusagen: Wenn die Harmonie weiter so ab- und das Auseinanderdriften der politischen Pole weiter derart zunimmt, endet das nicht gut. Wie bei unkittbaren Beziehungen vielleicht in lähmendem Status quo. Oder in einem furiosen Ende.

Ja, diese Regierung erlebt Krisen wie keine zuvor. Aber dafür gibt es keinen Bonus. Wer gewählt ist, muss gut regieren und „Schaden vom Deutschen Volke abwenden“. Die Ampel unter Olaf Scholz versucht das erkennbar – zu einem hohen Preis. Schon lange nicht hat eine Regierung so viel Geld eingesetzt, um den Menschen durch Notlagen zu helfen. Ob es gelingt, werden die nächsten Monate zeigen. Und ob der teure Weg vernünftig war, wird die nächste Generation beurteilen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.