Berlin. Durch Produktionsengpässe könnten die Preise für deutsche Eier weiter ansteigen. Davon sind auch andere beliebte Produkte betroffen.

In Deutschland könnten bald die Eier knapp werden. Davor warnt der Bundesverband Ei (BVEi) wenige Wochen vor Weihnachten. Dafür gebe es mehrere Gründe, allen voran aber der Mangel an Legehennen: Denn vor dem Ei kommt in der Lebensmittelbranche das Huhn. Was macht die Eierproduktion hierzulande so schwierig?

Wie der BVEi-Vorsitzende und Eierproduzent Henner Schönecke gegenüber der "Lebensmittelzeitung" erklärt, sorgen hohe Kosten in der Produktion für die Engpässe in der Industrie und im Einzelhandel – darunter die Energie- und Futterpreise und zusätzliche Kosten, die durch das Tötungsverbot männlicher Küken ab 1. Januar 2022 entstanden sind.

Denn seit Eierherstellende die in der Produktion unbrauchbaren männlichen Eintagsküken nicht mehr töten dürfen, müssen sie Mehrkosten für die Geschlechtsbestimmung im Ei tragen oder die Bruderhahnaufzucht mitfinanzieren. Als Bruderhahn bezeichnet man die männlichen Küken aus der Legehennenbrüterei nach ihrer Aufzucht. Die Konsequenz: Die Ställe bleiben leer.

Eier werden knapp: Eierverband warnte bereits im Dezember

Marktteilnehmende berichten der "Lebensmittelzeitung" zufolge, dass sich die Kosten für die Einstallung der Legehennen verdoppelt haben: Der Preis für 20.000 Legehennen betrage derzeit 200.000 Euro. Und so kommt es, dass mit weniger Hennen auch die Eierproduktion stagniert: Waren im Jahr 2020 noch 40,5 Millionen Küken in Deutschland geschlüpft, sank die Zahl 2021 auf 29,4 Millionen, so der BVEi.

"Die Eier sind alle", resümiert Verbandschef Schönecke knapp. 2021 habe es hierzulande noch rund 1900 Legehennenbetriebe mit mehr als 3000 Tieren gegeben. Sie hätten etwa 14,4 Milliarden Eier im Wert von einer Milliarde Euro hervorgebracht. Schon im vergangenen Dezember hatte der Bundesverband Ei gewarnt, dass der Eierproduktion schwierige Zeiten bevorstehen würden: "Deutschland hat die höchsten Standards für die Eierproduktion weltweit, aber bald keine Eierproduzenten mehr", hieß es damals in einer Mitteilung.

In Deutschland gibt es weniger Legehennen als zuvor (Symbolbild).
In Deutschland gibt es weniger Legehennen als zuvor (Symbolbild). © dpa

Zusätzlich zu der finanziellen Lage erschweren zudem Krankheiten die Situation in den Legebetrieben: Die Vogelgrippe breitet sich weltweit weiter aus, erst vergangene Woche mussten 20.000 Puten im Kreis Kleve in Nordrhein-Westfalen gekeult werden. In vielen Ländern besteht eine Stallpflicht zum Schutz der Tiere – und der Verbrauchenden.

Aldi, Rewe & Co.: Hohe Eierpreise betreffen auch Nudeln

Denn der Einbruch der Eierproduktion bedeutet nicht nur einen finanziellen Einschnitt für die Branche, sondern bringt auch für die Konsumierenden Folgen mit sich: Die Preise in Supermärkten wie Aldi, Rewe und Co. steigen auf historische Höhen an. Betroffen sind dabei nicht nur Eier selbst, sondern auch Eiprodukte wie Nudeln und Gebäck.

Branchenmagazine wie der Agrar-Blog "Geflügelnews" thematisieren vor diesen Problemen bereits eine "Eierpreisbremse": Die hohen Eierpreise sorgten für Frust bei den Verbrauchenden, gleichzeitig müssten auch die Herstellenden ihre gestiegenen Kosten decken. Eine Situation, die auf Dauer nicht tragbar ist.

Eierbranche will EU-weites Verbot des Kükentötens

Bei der Suche nach einer Lösung appelliert BVEi-Chef Schönecke daher an die Händler und Händlerinnen: Diese sollten auf Strafzahlungen für die Herstellenden verzichten, wenn vertraglich festgelegte Liefermengen nicht eingehalten werden können. "Wir brauchen ein Entgegenkommen bei der Vertragsgestaltung", so Schönecke in der "Lebensmittelzeitung". Mit kürzeren Vertragslaufzeiten und Gleitklauseln könnte besser auf Preisschwankungen reagiert werden.

Zudem fordert der BVEi-Vorsitzende ein Verbot des Kükentötens in der gesamten Europäischen Union. Seit dem neuen deutschen Gesetz sei die Industrie vielerorts auf Eier aus anderen EU-Ländern umgestiegen, in denen nach wie vor männliche Küken getötet werden. Daraus ergebe sich ein Wettbewerbs-Nachteil für deutsche Eierherstellende, so Schönecke.

Neben dem EU-weiten Verbot der Praktik wünscht er sich eine Kennzeichnung aller Produkte aus entsprechenden Betrieben und die Unterstützung der Politik. Diese solle Verluste in der Eierproduktion mit einer finanziellen Soforthilfe ausgleichen und die deutsche Eierproduktion absichern. Damit Deutschland spätestens zu Ostern seine Eier wiederhat. (reba)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.