Berlin. Die Lage bei den Entlastungen ist unübersichtlich – vor allem, weil der „Wumms“-Politik der Ampel ein entscheidendes Instrument fehlt.

Die Sprache klingt fast verführerisch eindeutig: Nicht nur „Wumms“, sondern „Doppelwumms“ haben die Entlastungspakete, die gegen Inflation und Multi-Krise helfen sollen. Und wie eine Bremse funktioniert, wissen auch alle aus eigener Erfahrung. Das hört sich irgendwie vertraut an, was da bei Gas- und Strompreisen kommen soll.

Doch hinter den klaren Etiketten, die die Bundesregierung ihren Plänen gegen die exorbitanten Energiepreise angeklebt hat, wird es in den Details schnell unübersichtlich. Und daran hat sich auch mit dem Treffen von Bund und Ländern nichts geändert. Lesen Sie dazu: 49-Euro-Ticket und Preisbremsen – Auf diese Beschlüsse haben sich Bund und Länder geeinigt

Zum Beispiel Gas: Kommen soll, wie vom Kabinett am Mittwoch entschieden, eine Soforthilfe für den Dezember, die einen Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings erst im nächsten Jahr erreicht. Trotzdem dient diese Soforthilfe als Überbrückung für die Lücke, die sich bis zum Inkrafttreten des zweiten Teils der Gaspreisbremse im März ergibt. Und diese wiederum kann zwar aus technischen Gründen erst im März kommen, soll dann aber nach Möglichkeit rückwirkend auch für Februar gelten – oder vielleicht auch schon früher, jedenfalls wenn es nach den Ländern geht.

Die Pläne für Fernwärmekunden sind da noch nicht mit beschrieben, und Besitzer von Öl- und Pelletheizungen hoffen auch, dass für sie am Ende mehr bleiben wird als ein Härtefallfonds.

Entlastungspläne kaum zu durchschauen

Für jede der einzelnen Entscheidungen, die an diesen Punkt geführt haben, mag es gute Gründe geben. Die komplizierten Abwägungen zwischen Schnelligkeit, Umsetzbarkeit, Zielgenauigkeit und Gerechtigkeit haben den Weg vorgezeichnet. Nicht umsonst sprach Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil am Mittwochabend von einem „extrem schwierigen Projekt“, das da umgesetzt werden soll.

In der Summe jedoch ergibt sich ein so verworrenes Geflecht von Strängen, an denen die Bundesregierung und die Länder ziehen, dass es kaum noch zu durchschauen ist.

Theresa Martus ist Politik-Korrespondentin in der FUNKE Zentralredaktion.
Theresa Martus ist Politik-Korrespondentin in der FUNKE Zentralredaktion. © Reto Klar | Reto Klar

Ähnlich war das schon bei den ersten beiden Entlastungspaketen: Rentnerinnen und Rentner, Arbeitnehmer, Studierende, Menschen in Grundsicherung, Familien – alle werden sie einzeln und auf verschiedenen Wegen entlastet. Und dann kamen noch Steuererleichterungen dazu.

Jetzt wie schon damals zeigt sich, dass der Ampel-Koalition schlicht ein wichtiges Instrument im Werkzeugkasten fehlt: Es gibt keinen Kanal, über den die Bundesregierung einfach alle Bürgerinnen und Bürger direkt entlasten könnte.

Die nächste Krise kommt – und die Ampel sollte vorbereitet sein

Das Stückwerk der Pakete und Energiepreisbremsen – und damit auch die zeitliche Lücke zwischen den Entlastungen, vor der die Länder warnen – ist der Versuch, das auszugleichen. Doch auch wenn so die größten Härten abgefedert werden, wird doch offensichtlich, dass Deutschland einen solchen Kanal dringend braucht.

Gestaffelt nach Einkommen kann über Direktzahlungen gezielter geholfen werden. Damit vermeidet man Fragen wie die, warum auch das Beheizen von Pools subventioniert wird. Und auch der Sparanreiz bleibt erhalten – wer mehr spart, hat mehr Geld für anderes übrig.

Der Aufbau einer solchen Struktur ist ein großes Projekt, aber eines, das lohnt. Und vorgenommen hatte die Ampel-Koalition sich das unter dem Schlagwort Klimageld ohnehin.

Zwischen all den Großbaustellen in der Krise musste der Plan zurückstehen, doch jetzt sollte die Bundesregierung das Thema dringend angehen. Denn auch wenn Weil darauf hofft, dass es eine solche Hilfsaktion nicht mehr geben wird: Die nächste Krise kommt bestimmt. Und dann sollten nicht nur die Worte klar sein, sondern auch die Umsetzung.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.