Berlin. Kann König Charles III. die verstorbene Königin Elizabeth II. ersetzen? Was der Tod der Queen für die britische Monarchie bedeutet.

70 Jahre lang saß Königin Elizabeth II. auf dem britischen Thron. 15 Premierminister und – ministerinnen sah sie kommen und gehen. Der erste war Winston Churchill, die letzte Liz Truss. Einige mochte sie, andere nicht. Aber sie hat sich das nie anmerken lassen.

Die Queen war pflichtbewusst, diszipliniert und verlässlicher als Big Ben, der einige Zeit das Läuten eingestellt hat. Sie schenkte ihrem Land ein Gefühl von Kontinuität, das auf eigentümliche Weise Sicherheit vermittelte. Je zerbrechlicher sie wurde, umso mehr kam zum Vorschein, was man nicht lernen kann: Würde.

Queen Elizabeth: Truss würdigt die Königin

Die neue britische Regierungschefin Liz Truss nannte Elizabeth II. den Fels „auf dem aus moderne Großbritannien aufgebaut wurde“. Und ergänzte: „Sie hat uns durch dick und dünn die Stabilität gegeben, wie wir brauchten.“ Von Zeitenwende war in den vergangenen Monaten oft die Rede, hier wird sie plastisch. Mit dem Tod der Monarchin endet eine Ära.

Lesen Sie auch: Queen Elizabeth II.: Neue Details, wie ihr Todestag verlief

Gudrun Büscher, Politik-Korrespondentin
Gudrun Büscher, Politik-Korrespondentin © Reto Klar | Reto Klar

Elizabeth II. repräsentierte ein Land, das nach dem Zweiten Weltkrieg in eine neue Normalität fand. Als sie 1926 geboren wurde, war das britische Weltreich groß wie nie zuvor. Während ihrer Regentschaft verlor die mächtige britische Krone so manchen Zacken, weil der Unabhängigkeitsdrang in den Kolonien nicht aufzuhalten war.

Zuletzt verabschiedete sich Barbados im vergangenen Jahr von der Queen als Staatsoberhaupt. Die Monarchin schrieb ihrer Nachfolgerin Sandra Mason einen Brief und gratulierte.

Queen Elizabeth war der Kitt, der die Länder zusammenhält

In noch 15 der heute 56 Commonwealth-Staaten ist nun König Charles III. das Staatsoberhaupt. Seiner Mutter lag der weltweite Verbund sehr am Herzen, der gegründet worden war, um den Autonomiebestrebungen in ehemaligen Kolonien wie Kanada oder Australien entgegenzuwirken. So oft sie konnte, reiste sie mit ihrem Mann Philip dorthin. Sie war der Kitt, der die Länder zusammenhielt. Ob Charles das auch schaffen kann, ist völlig offen.

Der ewige Kronprinz, der jetzt in einem Alter König geworden ist, in dem die allermeisten Menschen schon lange in Rente sind, muss sich erst beweisen. Er erbt die Krone in einer Zeit, die schwieriger kaum sein könnte.

Das Königreich driftet auseinander

Seine Regentschaft beginnt mit einer wirtschaftlichen Rezession, einer gigantischen Energiekrise und einer galoppierenden Inflation. Die Premierministerin hat ein Hilfspaket von 100 Milliarden Pfund aufgelegt und mit keiner Silbe erwähnt, wie sie das finanzieren will.

Das Königreich driftet auseinander. Die Nordirland-Probleme sind ungelöst. Und auch der Unabhängigkeitsdrang vieler Schotten ist ungebrochen. Dass die Queen in ihrem Lieblingsschloss Schottland starb und nun dort erst mal bleibt, wird das nicht lange überdecken.

Charles wird seinen eigenen Stil finden müssen

Die Königin ist tot, es lebe der König – so einfach ist das nicht mehr. Charles wird seinen eigenen Stil finden müssen, wenn die Monarchie eine Zukunft haben soll. Er hatte in den vergangenen Jahren viel häufiger als wahrgenommen die Aufgaben seiner Mutter übernommen. Er weiß, worauf es ankommt.

Jetzt muss er Neutralität wahren und seine Meinung zurückhalten. Früher als viele Briten hatte er sich als „grüner“ Prinz für den Umweltschutz eingesetzt und vor dem Klimawandel gewarnt. Noch im Juni kritisierte er die Pläne der Regierung Johnson, die Asylsuchende zunächst nach Ruanda schicken wollte, als „schrecklich“. Es ist eine Kunst, sich nicht zu verbiegen und gleichzeitig König für alle sein zu wollen.

Viele Britinnen und Briten hätten es lieber gesehen, wenn gleich William König geworden wäre. Seine Beliebtheitswerte liegen deutlich über die seines Vaters. Charles sollte sie nutzen. Es wäre nicht die erste Firma (so nannte die Queen ihre Familie), die von Vater und Sohn geführt wird.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.