Berlin. Noch ist offen, ob Donald Trump 2024 erneut für das Amt des US-Präsidenten antritt. Warum ihm die FBI-Razzia dabei nutzen könnte.

Lange Zeit war es relativ still um Donald Trump: keine Twitter-Kanonaden, kaum spektakuläre öffentliche Auftritte. Fast ein Schattendasein im Vergleich zu den schrillen Auftritten während seiner Präsidentschaft. Im Zuge der Durchleuchtung seiner Anstifter-Rolle bei der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021 war er eher in die Defensive geraten.

Doch nun ist Trump wieder voll da. Die Razzia der Bundespolizei FBI in seinem Luxus-Domizil in Süd-Florida hat ihn zurück in das Scheinwerferlicht katapultiert. Der ehemalige US-Präsident beweist seine alte populistische Stärke: Er beherrscht das Narrativ, die Erzählung. Die Tatsache, dass er mutmaßlich vertrauliche oder gar geheime Dokumente aus dem Weißen Haus in seine Privatwohnung mitgenommen hat, ist für Trump nicht prüfungswürdig. Für ihn zählt nicht das Gesetz, er sieht sich als Opfer einer „Hexenjagd“ der politischen Eliten.

Michael Backfisch, Politik-Korrespondent
Michael Backfisch, Politik-Korrespondent © Reto Klar

Trump: Welche Geheimdokumente lagerten in seinem Tresor?

Dabei sprechen die Indizien gegen ihn. Dass Justizminister Merrick Garland beantragt hat, den Durchsuchungsbeschluss zu veröffentlichen, ist höchst ungewöhnlich. Dies legt nahe, dass in Trumps Anwesen in Mar-a-Lago brisante Schriftstücke lagern. Nach Angaben der „Washington Post“ soll es sich dabei auch um Top-Secret-Papiere zu Atomwaffen handeln. Nicht auszuschließen, dass es auch um Absprachen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geht, den Trump in seiner aktiven Zeit immer mit Samthandschuhen angefasst hat.

Es ist beunruhigend, dass Trumps Kalkül der Skandalisierung aufzugehen scheint. Nach einer Umfrage der „New York Times“ war die Hälfte der Republikaner-Wähler vor ein paar Wochen bereit, ihrem früheren Idol den Rücken zu kehren. Heute glauben 75 Prozent von ihnen, dass Trumps politische Gegner hinter der FBI-Razzia stünden und nicht die unabhängige Justiz. Die Aktion ist Wasser auf die Mühlen des Wutpolitikers.

Der Ex-Präsident hat seine Partei nach wie vor im Klammergriff. Nicht nur die Solidaritätsadressen der Spitzen unterstreichen das. Auch der Sieg von Trump-Kandidaten bei Vorwahlen der Republikaner weist in diese Richtung. Diese verbreiten die Legende von der „gestohlenen Präsidentschaftswahl“ 2020.

Trump: Seine Verschwörungstheorien fallen in den USA auf fruchtbaren Boden

Damit droht der amerikanischen Demokratie ein neuer Belastungstest. Trump hatte sich bereits mit seinem politischen und juristischen Feldzug gegen das zertifizierte Wahlergebnis über das Gesetz gestellt. Seine Brandrede vor dem Sturm auf das Kapitol setzte den Kurs der Hetze gegen demokratische Institutionen fort. Das Credo der Trumpschen Politik lautet: Glorifizierung der eigenen Person, Dämonisierung der politischen Gegner und des Rechtsstaats.

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Besorgniserregend ist dabei, dass Trumps Verschwörungstheorien in Amerika durchaus auf fruchtbaren Boden fallen. Viele US-Bürger sind misstrauisch gegenüber den Politik- und Wirtschaftseliten. Sie sehen die Globalisierung als Teufelszeug. Die weltweltweite Arbeitsteilung hat viele Jahre lang zwar zu billigeren Preisen, aber auch zur Abwanderung von Firmen aus den Vereinigten Staaten geführt. Für die Trump-Leute – und auch für einen Teil der Demokraten-Wähler ist das ein Verrat an Amerika.

US-Präsident: Gibt Trump jetzt seine Kandidatur bekannt?

Trump wird für diese Menschen zur großen Projektionsfläche. Sie identifizieren sich mit ihm und seinem Mythos vom Kampf für die Abgehängten, die von den Eliten vergessen wurden. Die rasant ansteigenden Energiepreise und die galoppierende Inflation verstärkten Trumps populistische Werbetrommeln. Möglicherweise gibt er bald seine Kandidatur für 2024 bekannt. Im Lichte der jüngsten Ereignisse fragt die „New York Times“ in einem Kommentar provokant: „Hat das FBI gerade Donald Trump wiedergewählt?“

Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de

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