Berlin. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung befragte Hartz-IV-Beziehende zu ihren Wünschen zum “neuen Bürgergeld“. Ein Überblick.

Einer neuen Umfragestudie des Deutsche Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Ruhr-Universität Bochum zufolge sind Beziehende von Hartz IV mit dem System nicht zufrieden. Zwischen März und April 2022 wurden 560 Empfänger in acht Jobcentern im Ruhrgebiet befragt. Welche Wünsche sie zur Umstellung auf das Bürgergeld äußerten.

Jürgen Schupp, Senior Research Fellow im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des DIW Berlin, bestätigte: "Viele Langzeitarbeitslose hadern mit dem bisherigen Grundsicherungssystem." So wünschten sich 89 Prozent der Befragten mit Einführung des Bürgergeldes höhere Regelleistungen. Aktuell beträgt der Regelsatz für einen Alleinstehenden 449 Euro, für Paare 808 Euro zuzüglich Unterkunftskosten wie Miete und Heizung.

Hartz IV: Sanktionen gerechtfertigt? Uneinigkeit bei Empfängern

Aufgrund drohender Sanktionen sehen sich viele Leistungsbeziehende gezwungen, fast jede verfügbare Jobmöglichkeit anzunehmen. Nun sprachen sich 75 Prozent der Umfrageteilnehmer dagegen aus, "jede zumutbare Arbeit" annehmen zu müssen. Mehr Eigenbestimmung fänden die Teilnehmer "sehr gut" oder "gut".

Überraschend, dass das Umfrageergebnis beim Thema Sanktionen nicht derart eindeutig ausgefallen ist: Nur rund die Hälfte der befragten Langzeitarbeitslosen waren für einen grundsätzlichen Verzicht. So fänden lediglich 53 Prozent einen Verzicht "sehr gut" oder "eher gut".

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22 Prozent würden Sanktionen als Strafinstrument für verweigerte Arbeitsaufnahme oder verpasste Termine im Jobcenter auch weiterhin befürworten. Offenbar würden es viele als "ungerecht" empfinden, wenn Empfänger, die sich nicht an die Regeln halten, keine Leistungskürzungen mehr erhalten. Weitere 22 Prozent waren unentschlossen.

Hartz IV: Nutzen Beziehende das System aus?

"Gerade die im Vergleich geringe Zustimmungsrate zu einer dauerhaften Aussetzung von Sanktionen deutet an, dass Langzeitarbeitslose hinsichtlich ihrer Wert- und Gerechtigkeitsorientierungen keine homogene Gruppe sind", kommentierte Rolf G. Heinze von der Ruhr-Universität Bochum.

So wünschten sich viele Empfänger eine faire und gerechte Behandlung vom Staat, registrierten aber auch, dass sich viele Bezieher nicht entsprechend verhalten und das System ausnutzen. Satte 63 Prozent der Studienteilnehmer waren dieser Ansicht.

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Im Allgemeinen waren 74 Prozent der Studienteilnehmer für bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten ohne Verrechnung mit der Transferleistung. 35 Prozent gaben an, kleinere Jobs auszuüben und sich etwas dazuzuverdienen. 41 Prozent engagieren sich ehrenamtlich oder sind in der Nachbarschaftshilfe aktiv.

Abschließend stimmten 42 Prozent der Teilnehmer "voll und ganz" oder "eher" der Aussage zu, dass sie sich für den Bezug von Hartz IV schämen.

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Die befragten acht Jobcenter sind für etwa 29 Prozent aller in Nordrhein-Westfalen registrierten Langzeitarbeitslosen zuständig. Auf ganz Deutschland bezogen machen sie rund zehn Prozent aller Langzeitarbeitslosen aus. (day)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.