Berlin. „Wann wird es mal wieder richtig Sommer?“, fragte Rudi Carrell einst launig. In Zeiten des Klimawandels stellen sich andere Fragen.

Es sind Zeilen aus einer anderen Zeit: „Wann wird‘s mal wieder richtig Sommer?“, sang Rudi Carrell im Jahr 1975. „Ein Sommer, wie er früher einmal war?“ Und dann wünschte sich der Entertainer Sonnenschein von Juni bis September, bis zu vierzig Grad im Schatten und erinnerte wohlig an heiße Tage, an denen Wasser gespart werden musste. Aus heutiger Sicht wirkt das spaßige Lied nahezu absurd.

Denn die von Carrell sehnsüchtig besungenen Szenarien sind nicht mehr Gegenstand von gut gelaunten Gassenhauern, sondern der alltäglichen schlechten Nachrichten zum Zustand unseres Planeten. Und das nicht nur zum Leidwesen von Landwirten, die mit wachsender Sorge auf ihre trockenen Felder gucken, auf denen die Ernte verdorrt. Der Klimawandel betrifft inzwischen alle Lebensbereiche.

Wir müssen mit Dürre, Hitze und Extremwetter leben

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Die große Herausforderung ist schon längst nicht mehr allein, die menschengemachte Erderwärmung aufzuhalten. Die Frage, wie wir mit dem Klimawandel und all seinen Folgen wie Hitze, Dürre und anderen extremen Wetterereignissen leben können, stellt sich ebenfalls immer dringender. Das rufen uns aktuell die Gedenkfeiern für die mehr als 180 Toten der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vor einem Jahr schmerzhaft in Erinnerung.

Ob Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Industrieproduktion oder Stromerzeugung: Wir stehen vor der Herausforderung, unsere gesamte wirtschaftliche Grundlage zu erneuern. „Das Antlitz des Landes wird sich verändern“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck, als der Grünen-Politiker kurz nach seinem Amtsantritt über die Aufgaben sprach, die er auf uns zukommen sieht.

Unsere Städte sind Betonwüsten

Was Habeck nicht ausdrücklich sagte: In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird sich auch das Antlitz unserer Städte verändern müssen – und damit die Art und Weise, wie wir wohnen, pendeln und bauen.

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Heute gleichen unsere Städte trotz ihrer Grünzüge und Parks oft Betonwüsten, die bei großer Hitze nicht nur aufheizen, sondern die Wärme auch in Fassaden und Asphaltdecken speichern und später wieder abgeben. Es fehlt an Sonnenschutz und Abkühlung. So wird die Stadt zum Glutofen. Zudem versiegeln Straßen, Parkplätze und Gebäude so viel Fläche, dass nicht abfließendes Wasser bei starken Regenfällen zur Gefahr wird und massive Schäden anrichten kann.

Reisen, Konsum – aber auch Bauen und Wohnen hinterfragen

Der öffentliche Raum und auch die Gebäude werden in Zukunft mehr Schatten spenden und Feuchtigkeit aufnehmen müssen. Der auch in der Stadt immer noch aufs Auto ausgerichtete Verkehr muss umweltfreundlicher werden. Bei alldem helfen die Erfahrungen der Städte und Gemeinden, die bereits mit Erfolg das urbane Leben an den Klimawandel anpassen. Hinzu kommen Fortschritte in Forschung und Entwicklung, die dazu beitragen Mobilität und Stadtentwicklung nachhaltiger zu machen.

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Aber das wird nicht reichen. Nicht nur beim Reisen oder beim Konsum müssen wir uns persönlich fragen, wie nachhaltig wir uns verhalten können, sondern auch beim Wohnen und Bauen. Die Grünen stellten einmal den Neubau von Einfamilienhäusern infrage - und sorgten damit für Aufruhr. Solche Debatten um Bedürfnisse und Einschränkungen wird unsere Gesellschaft jedoch öfter führen und ihren Weg finden müssen.

Rudi Carrell: „Die Frage geht uns alle an“

Eigenheimbesitzer und Vermieter können aber auch selbst die Initiative ergreifen und Fassaden bepflanzen oder Flächen entsiegeln, um die Stadt grüner und kühler zu machen. Denn eine weitere Zeile des Rudi-Carrell-Hits lautet: „Diese Frage geht uns alle an.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.