Berlin. Menschen können sich an viele Temperaturen anpassen. Eine neue Studie zeigt: Die Anpassungsfähigkeit ist geringer als bisher gedacht.

Der menschliche Körper gilt als äußerst anpassungsfähig. Menschen leben in nahezu jedem Biom, egal ob Arktis oder Wüste. Vor dem Hintergrund der drohenden Klimakatastrophe fragen sich Forscherinnen und Forscher, wo die Grenzen der menschlichen Anpassungsfähigkeit liegen. Eine neue Studie der US-amerikanischen Pennsylvania State University zeigt: Menschen halten vor allem in feuchten Klimazonen nicht so hohe Temperaturen aus, wie bisher angenommen.

Eine Studie aus dem Jahr 2010 ging bisher davon aus, ein gesunder, im Schatten ruhender Mensch könne bei einer sogenannten Feuchttemperatur von etwa 35 Grad Celsius für ungefähr sechs Stunden überleben. Bei einer höheren Feuchttemperatur können Menschen ihre Körpertemperatur nicht mehr selbstständig übers Schwitzen regulieren. Das kann zum Hitzschlag führen, oder schlimmer: Zum Tod. Denn die Körpertemperatur steigt dann auf über ein Grad pro Stunde, was innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen kann.

Hitze: Toleranz ist beim Menschen niedriger als bisher angenommen

Die Feuchttemperatur ist keine allerseits bekannte Größe. Sie wird mit einem sogenannten Psychrometer gemessen, das aus zwei Thermometern besteht. Ein Thermometer misst die Lufttemperatur. Um das andere Thermometer wird ein Baumwollstrumpf gewickelt und so die Feuchttemperatur ermittelt. Bei einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent zeigen beide Thermometer die selbe Temperatur an. Liegt die Luftfeuchtigkeit unter 100 Prozent, liegt die Feuchttemperatur unter der Lufttemperatur.

Die neue Studie der Pennsylvania State University zeigt jedoch, dass die bisher angenommene kritische Temperatur zu hoch gegriffen war. Eigentlich liege sie eher bei etwa 31 Grad Celsius bei einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent. Für ältere Menschen, die anfälliger für Kreislaufprobleme bei hohen Temperaturen sind, liegt die Grenze vermutlich noch niedriger.

Forschende wollen Menschen besser vor Hitzewellen schützen

"Die Ergebnisse können Menschen dabei helfen, sich besser auf extreme Hitzeereignisse einzustellen", erklären Larry Kenney und Marie Underhill-Noll in ihrer Studie. "Diese Ereignisse treten häufiger auf, wenn sich die Erde weiter erwärmt", erklären die Forschenden auf der Website der Pennsylvania State University.

"Wenn wir die kritischen Grenzen für hohe Temperaturen und Feuchtigkeit kennen, können wir insbesondere dafür anfällige Menschen besser vor einer Hitzewelle schützen", erklärt Kenney. Wichtig sei außerdem, dass die neu erforschten Grenztemperaturen nur in Klimazonen relevant seien, in denen es eine hohe Luftfeuchtigkeit gebe. In trockeneren Klimazonen könne der Schweiß auf der Haut verdunsten und so die Körpertemperatur regulieren.

Feuchte Hitze: Indien und Pakistan sind besonders gefährdet

Deutschland und Mitteleuropa kratzen also noch nicht am kritischen Wert von 31 Grad Celsius Feuchttemperatur. Anders sieht es in Südasien, der Arabischen Halbinsel, küstennahen Teilen Afrikas, Australiens und Mittelamerikas aus. Dort könnte es in naher Zukunft schon "Dampfsaunabedingungen" kommen, erklärt der Frankfurter Klimaforscher Joachim Curtius im Interview mit der "FAZ". Das könnte zu sehr vielen Todesfällen führen. "Meines Erachtens ist dieses Risiko bisher unterschätzt und zu wenig bekannt".

Vor allem Pakistan und Indien kratzten immer mehr an der kritischen Grenze, so Curtius. In den gefährdeten Küstenregionen leben einige Hundert Millionen Menschen. Ihre Zukunft sei durch die feuchte Hitze und den Klimawandel massiv bedroht.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.