Berlin. Ein schwerer Waldbrand an Spaniens Costa del Sol treibt tausende Menschen in die Flucht. Umweltschützer sprechen von einer Katastrophe.

„Die Hölle kehrt zurück“, titelte die regionale Tageszeitung „Sur“ nach dem Ausbruch des Waldbrandes an der südspanischen Costa del Sol. Acht Monate nach einem verheerenden Buschfeuer im Hinterland der bei Urlaubern so beliebten andalusischen Sonnenküste brennt es schon wieder in dieser traumhaften Bergregion mit dem Namen Sierra Bermeja. Umweltschützer sprechen von einer ökologischen Katastrophe und beklagen schwere Versäumnisse bei der Brandverhütung in diesem Naturparadies.

Am Mittwochnachmittag waren die ersten Flammen gesichtet worden, die sich wegen starken Windes und großer Hitze explosionsartig ausbreiteten. 24 Stunden später, am Donnerstagnachmittag, versuchten rund tausend Löschhelfer, darunter mehrere hundert Soldaten, die Feuerwände am weiteren Vorrücken zu hindern. Zudem schüttete eine Flotte von 15 Helikoptern und Flugzeugen aus der Luft riesige Wassermassen auf das Flammenmeer.

Costa del Sol: Brandursache unklar

Das Feuer war aus bisher unbekanntem Grund in der Nähe des 300-Einwohner-Dorfes Pujerra ausgebrochen. Ein Ort, der rund 25 Kilometer Luftlinie nordwestlich von dem berühmten Costa-del-Sol-Badeort Marbella entfernt liegt. In einer zauberhaften Landschaft, in welcher Libyens ehemaliger Diktator Muammar al-Gaddafi eine riesige Finca mit großzügigem Privatwald unterhielt, in dem er Wildschweine, Rehböcke und Bergziegen jagte.

Innerhalb eines Tages fraß sich das Buschfeuer durch mehr als 2000 Hektar Wald, teilte die Leitstelle am Donnerstagnachmittag mit. Das entspricht etwa ebenso vielen Fußballfeldern. Viele Kastanienbäume und Kiefern wurden bereits vernichtet. Und zwar nicht weit von jenem Gebiet entfernt, in dem im September 2021 ein ähnliches Großfeuer binnen kurzer Zeit 10.000 Hektar Naturlandschaft in Asche verwandelt hatte.

„Die Löscharbeiten sind schwierig“, sagte ein Sprecher der Einsatzleitstelle. Auch weil die Brandregion nicht durchweg vom Boden aus zugänglich ist. Weil der Wald vielerorts nicht gepflegt wurde, es an Löschteichen und Brandschneisen mangelt. Und weil wechselnde Winde die Flammen immer wieder in eine andere Richtung treiben. „Das Feuer frisst pro Minute rund 30 Meter Wald“, berichtete einer der Helfer.

Immer wieder wurden Feuerwehrmänner durch plötzlich auf sie zukommende Brandwände in Bedrängnis gebracht. Drei Löschhelfer erlitten dadurch Verbrennungen und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Andere Wehrmänner, die von den Flammen eingeschlossen wurden, mussten aus der Luft gerettet werden. Beim vorhergehenden Feuer im Jahr 2021 war ein Helfer im Flammeninferno umgekommen.

Ein Löschflugzeug wird bei der Bekämpfung des Waldbrandes an der Costa del Sol eingesetzt.
Ein Löschflugzeug wird bei der Bekämpfung des Waldbrandes an der Costa del Sol eingesetzt. © Álex Zea/EUROPA PRESS/dpa

Waldbrand an Costa del Sol: 3000 Menschen evakuiert

Auch für tausende Bewohner der Region wurde der neue Großbrand zum Albtraum. Bis zum Donnerstagnachmittag mussten annähernd 3000 Menschen evakuiert werden, weil ihre Siedlungen von den Flammen bedroht wurden. Unter den Evakuierten sollen sich auch etliche ausländische Residenten befinden, die in dieser Naturregion oberhalb von Marbella ihren ersten oder zweiten Wohnsitz haben.

Sogar an der Küste, an der sich zu dieser vorsommerlichen Zeit schon Tausende Urlauber aufhalten, waren die riesigen Rauchwolken im Hinterland zu sehen. Immer wieder überflogen Löschhubschrauber und -flugzeuge die Strände, um vor der Küste im Mittelmeer ihre Wassertanks zu füllen.

Das Großfeuer bestimmte am Donnerstag zugleich den Wahlkampf in der spanischen Region Andalusien, in der am 19. Juni eine neue Regierung gewählt wird. Nicht nur der amtierende konservative Ministerpräsident Juanma Moreno machte sich am Brandort ein Bild von der Lage. Sondern auch alle anderen Kandidaten kamen, um vor den lodernden Flammen und umringt von Feuerwehrleuten ein Wahlkampffoto zu schießen und um den politischen Gegnern die Schuld für die Katastrophe in die Schuhe zu schieben.

Der politische Auftrieb in der Brandzone war vorübergehend so groß, dass ein Behördensprecher an die Politiker appellierte: „Bitte lassen Sie die Brandbekämpfer in Ruhe arbeiten.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.